Der afrikanische Zwerg- oder Waldelefant steht am Rande der Ausrottung durch den Menschen und dessen kapitalistische und imperialistische „Bedürfnisse“.
Gland. Nein, keine Hinweise zu den Corona-Abstandsregeln – der diesbezügliche Maßstab ist ja in Wirklichkeit ein Elefantenbaby, kein Babyelefant. Als letzteres geht eher jene zentralafrikanische Rüsseltierart durch, die in Europa als Zwergelefant bekannt wurde, aber auch diese Bezeichnung ist ein bissel arg reduzierend. Deshalb heißt es korrekt eigentlich „Waldelefant“ (Loxodonta cyclotis), und der steht hier im Zentrum des Interesses. Dieser ist mit dem klassischen Afrikanischen Elefanten zwar verwandt, aber doch eine eigene Art – dies zeigt sich nicht nur daran, dass er lieber in Wäldern (ja, siehe Name!) als in der Savanne lebt, sondern dass er auch deutlich kleiner ist (siehe anderer Name) als das Original: Mit einer Schulterhöhe von durchschnittlich weniger als zwei Metern (Kühe) bzw. 2,4 Metern (Bullen) fehlt dem Waldelefanten gut ein Meter auf den größeren Savannenelefanten. So richtig klein oder gar zwergenhaft ist das noch immer nicht, aber sei’s drum.
Wichtiger ist: Die im schweizerischen Gland am Genfer See ansässige Internationale Union zur Bewahrung der Natur (IUCN) schlägt Alarm bezüglich des weiteren Bestandes des afrikanischen Waldelefanten – die Tierart wird nun als „vom Aussterben bedroht“ bewertet, was die höchste Gefährdungsstufe auf der „Roten Liste“ ist. Die Zahl der Vertreter dieser Art ist in den letzten 31 Jahren um gleich 86 Prozent geschrumpft, sie dürfte inzwischen deutlich unter 400.000 liegen. Mancherorts, etwa in Gabun oder im Kongo, bedingen Schutzmaßnahmen zwar eine Stabilisierung der regionalen Population, insgesamt ist die Tendenz jedoch eindeutig: Wird nicht mehr getan, um den Waldelefanten zu retten, so wird er nicht mehr zu retten sein. Diesbezüglich erscheinen zwei Maßnahmen zielführend: Einerseits geht es um die Wilderei, denn der Handel mit illegalem Elfenbein boomt weiter. Jedes Jahr werden ca. 30.000 Elefanten gewildert, die Stoßzähne landen über gut vernetzte internationale – und kriminelle – Vertriebswege bei den Reichen und Superreichen der Erde, die immer noch glauben, nicht auf luxuriösen Elfenbeinschmuck und ‑ornamente verzichten zu können. Den einheimischen Wilderern das Handwerk zu legen, ist eine Sache – aber diese Menschen sind nicht die Ursache des Problems: Es sind die Abnehmer, die im Hintergrund und im Verborgenen bleiben. So lange es in Europa, Amerika und Asien einen (Schwarz-)„Markt“ für Elfenbein gibt, werden Menschen in Afrika, die sonst keine sozial-ökonomische Perspektive haben, auf ungesetzliche Elefantenjagd gehen.
Zum anderen braucht es natürlich generell Schutzgebiete für den Waldelefanten und andere Tiere der afrikanischen Wälder, die nicht dem kapitalistischen Raubbau ausgesetzt sind, d.h. keinen Bergbau‑, Forstwirtschaft‑, Kraftwerks- oder intensiven Landwirtschaftsprojekten. Die Einrichtung, der Erhalt und nicht zuletzt die Überwachung solcher Reservate und Naturparks sind freilich kostenintensiv und können schwerlich von den betroffenen afrikanischen Ländern alleine geschultert werden – zumindest nicht, solange die imperialistischen Staaten nicht aufhören, den Großteil des Kontinents auszubeuten, auszuplündern und auszuhungern. Insofern hat der Babyelefant denkbar schlechte Karten, wenn es um sein Überleben geht.
Quelle: Der Standard