Die juristische Aufarbeitung des Militärputsches von 2019 gegen den bolivianischen Präsidenten Morales hat einen wichtigen Schritt genommen. Die damals selbsternannte „Übergangspräsidentin“ Áñez wurde zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt.
La Paz. Der Rechtsstaat in Bolivien funktioniert wieder und ordnet sich weder der Oligarchie noch dem US-Imperialismus unter: Im vor vier Monaten begonnen Strafprozess gegen die ehemalige Putsch-„Präsidentin“ Jeanine Áñez wurde diese nun zu einer Haftstrafe von zehn Jahren verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die rechtsextreme, rassistische und radikal-christliche Politikerin im Gefolge des Staatsstreiches gegen den gewählten linken Präsidenten Evo Morales im Herbst 2019 als selbsternannte „Übergangspräsidentin“ gegen die Verfassung agiert hat. Ihre Zeit als illegitime Machthaberin währte ein Jahr, in dieser Zeit wurden mindestens 35 Putschgegner ermordet – in dieser Frage wird es einen weiteren Prozess gegen Áñez sowie andere Mitglieder der damaligen Junta geben.
Trotz massiver Unterstützung aus den USA und der EU sowie durch die einheimische Oligarchie konnte sich das installierte Putschregime nicht halten. Es musste schließlich Neuwahlen durchführen, bei denen trotz widriger Umstände die „Bewegung zum Sozialismus“ (MAS) und deren Präsidentschaftskandidat Luis Arce im Oktober 2020 als Sieger hervorgingen. Dadurch konnte auch der vertriebene Ex-Präsident und MAS-Vorsitzende Morales nach Bolivien zurückkehren, zumal sich auch alle „Wahlbetrug“-Vorwürfe als haltlos erwiesen. Im März 2021 führten die Ermittlungen gegen Áñez und weitere Putschisten zu ihrer Festnahme und U‑Haft und in weiterer Folge zum nunmehrigen Prozess, der mit einem gerechten Urteil im Sinne des bolivianischen Volkes endete. Die Aufarbeitung des Militärputsches und der Verbrechen des Áñez-Regimes müssen jedoch fortgesetzt werden.
Quelle: Süddeutsche Zeitung