Regierungsparteien aus Ungarn, Polen und Italien erklären sich zu Kämpfern gegen die Eliten. Gemeinsam mit FPÖ, Rassemblement National und anderen versuchen sie zum wiederholten Mal, eine Fraktion im EU-Parlament zu gründen.
Brüssel/Straßburg. Vertreter von 15 Parteien treffen sich dieser Tage in Warschau, um über die Gründung einer Rechts-Außen-Fraktion im Europäischen Parlament zu feilschen. Es geht um ein bisschen Einfluss im verglichen mit Rat und Kommission relativ machtlosen Abgeordnetenhaus. Vor allem aber geht es um haufenweise Förderungen und darum, sich neben Konservativen (EVP) und Sozialdemokraten (SPE) als drittgrößter Ansprechpartner etwa für die Anliegen der Industrie zu etablieren.
Dass mit der polnischen PiS, der ungarischen Fidesz und der italienischen Lega drei Regierungsparteien in erster Reihe mitmischen (auch bei der ebenfalls in Warschau vertretenen FPÖ ist es noch nicht so lange her), hindert die Rechten freilich nicht daran, ihre Brüsseler Klüngeleien als „Kampf gegen die Eliten“ zu inszenieren. Schon gar nicht handelt es sich beim Treffen um einen „Wendepunkt in der Geschichte Europas“, wie Polens Regierungschef Morawiecki fabulierte. Denn es ist bei weitem nicht der erste Versuch, die derzeit auf die Fraktionen „Identität und Demokratie“ und „Konservative und Reformer“ verteilten Gruppierungen zusammenzuschließen. Bisher waren der Drang zu Alleingängen, Selbstinszenierung und auch gewisse Differenzen in der geopolitischen Ausrichtung jedoch stets zu groß, um dauerhafte Bündnisse schmieden zu können.
Streit um die Champagnerrechnung
Das Europäische Parlament wurde von der Rechten immer schon gerne als Selbstbedienungsladen genutzt. So becherten Abgeordnete der damaligen Fraktion „Europa der Nationen und Freiheit“ 2016 auf Kosten der Allgemeinheit 228 Flaschen edlen Champagner bei insgesamt 41 Sitzungen. Über 420.000 Euro Ausgaben der Fraktion wurden schließlich vom Haushaltsausschuss beanstandet – und dann fing der Streit an, wer verantwortlich sei. Der wegen nicht allzu großer Öffentlichkeitswirksamkeit nach Brüssel abgeschobene Harald Vilimsky (FPÖ) wollte jedenfalls von nichts gewusst haben und schob die Schuld auf Marine Le Pens „Front National“ (heute „Rassemblement National“). Für eine Verschärfung der Asylgesetze, rabiaten Antikommunismus, Demokratieabbau und Einschränkungen des Streikrechts braucht es die meist heillos zerstrittenen Rechts-Außen-Parteien jedenfalls nicht: All das macht das Europa der Banken und Konzerne auch ganz ohne sie.
Quelle: Wiener Zeitung