Ärztekammer-Vizepräsident Harald Mayer wettert gegen die künftige Widmung von Medizinstudienplätzen im öffentlichen Interesse. Bildungsminister Polaschek spricht hingegen von „sehr attraktiven“ Verträgen. Was die beiden Positionen vereint, ist ihre Studierendenfeindlichkeit. – Kommentar von Moritz Pamminger, Vorsitzender der Jugendfront der Partei der Arbeit Österreichs.
Künftig können in Österreich Medizinstudienplätze im öffentlichen Interesse gewidmet werden. Das heißt, dass die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK), die Bundesländer sowie das Innen- und Verteidigungsministerium ab dem kommenden Studienjahr 85 Plätze für das Medizinstudium an ausgewählte Kandidatinnen und Kandidaten vergeben können. Diese Studienplätze sind jedoch an eine Bedingung geknüpft: Nach dem Absolvieren des Studiums und der Facharztausbildung müssen die jungen Medizinerinnen und Mediziner im jeweiligen Bundesland oder für die jeweilige Institution arbeiten.
Für die neun Bundesländer stehen 59 der insgesamt 85 Plätze zur Verfügung, aufgeteilt nach Einwohnerzahl. Am Beginn des Studiums verpflichten sich die angehenden Ärzte und Ärztinnen dazu, nach beendeter Ausbildung acht Jahre lang im entsprechenden Partnerbundesland zu arbeiten. Dafür erhalten sie bereits zu Studienanfang eine Anstellung und 1.000 Euro monatlich. Wenn man das Studium jedoch abbricht, sind die Fördermittel zurückzuzahlen. Von den restlichen zu vergebenden Studienplätzen gehen 13 an die ÖGK, zehn an das Bundesheer und drei an die Polizei – mit ähnlichen Modalitäten.
Die Studierenden werden in ein Abhängigkeitsverhältnis gedrängt. Die Entscheidung, aus welchen Gründen auch immer doch nicht Medizin studieren zu wollen, bedeutet die Rückzahlung von tausenden Euro. Ärztekammer-Vizepräsident Harald Mayer spricht also nicht unberechtigt von Knebelverträgen. Anstatt den Beruf des Mediziners und der Medizinerin zu attraktivieren, lockt man die Studierenden mit solchen Knebelverträgen, die angesichts der massiven Zugangsbeschränkung sogar irgendwie anziehend wirken.
Mayer kritisiert die Regelung jedoch vor allem, weil sie Ärztinnen und Ärzte „zweiter Wahl oder minderer Qualität“ hervorbringen würde. Für einen der 85 gewidmeten Studienplätze muss man nämlich nur zum besten Viertel im Medizin-Aufnahmetest gehören, auch wenn normalerweise nur Plätze für die besten zwölf bis 18 Prozent zur Verfügung stehen. Ein Qualitätsverlust sei laut Mayer somit garantiert.
Fakt ist, dass die 85 „Glücklichen“, die sich für einen solchen Knebelvertrag entscheiden, dieselbe Ausbildung erhalten wie alle anderen. Ein Aufnahmetest sagt ganz sicher nicht mehr über die Fähigkeiten der Studierenden aus als das Absolvieren des darauffolgenden sechsjährigen Medizinstudiums sowie der durchschnittlich dreijährigen Facharztausbildung. Der Aufnahmetest ist keine Maßnahme zur Qualitätssicherung, sondern eine Schikane für die Studierenden, die existiert, um nicht mehr öffentliche Mittel in das Studium investieren zu müssen, sodass alle Anwärterinnen und Anwärter auch einen Platz erhalten.