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Ist KPÖplus ein Folkloreverein?

Gastkommentar von Gerhard Oberkofler, geb. 1941, Dr. phil., Universitätsprofessor i.R. für Geschichte an der Universität Innsbruck 

Der schweizerische Schriftsteller Max Frisch schreibt, dass in der realexistierenden Demokratie der freien Welt die Macht, also das Kapital, in allen wesentlichen Fragen entscheidet, „aber wenn möglich durch demokratische Folklore getarnt“. Folklore ist nützlich und tritt den Zeitverhältnissen angemessen in Variationen auf. Ist die von Elke Kahr in Graz und Kay-Michael Dankl in Salzburg repräsentierte Bewegung KPÖplus eine revolutionäre Bewegung oder doch nur ein nützlicher Folkloreverein im Interesse der berechnenden Lobbys der Reichen?

Verallgemeinernd lässt sich sagen, dass die positive kommunistische Zielsetzung eine klassenlose Gesellschaftsordnung ist, deren Fundamente nicht das Privateigentum an den wichtigsten Produktionsmitteln und der persönliche Egoismus sind. Der Kommunismus soll mit seinem neuen Kollektivbewusstsein, welches Papst Franziskus „Geschwisterlichkeit“ nennt, den Menschen Freiheit von Unterdrückung, Armut und Ausbeutung geben. Für den Salzburger Dankl soll sich die Aufgabe von KPÖplus vor allem darauf konzentrieren, einzelnen BittstellerInnen aus ihrer persönlichen Notlage, insbesondere aus der Wohnungsnot herauszuhelfen. Das ist ihm Kritik am Kapitalismus genug. Eine Steuer an die Superreichen und weniger Neoliberalismus in der EU würde helfen, die Welt zu ändern. Scharf wird der Krieg in der Ukraine als Aggressionskrieg von Russland verurteilt. Dass eventuell die USA und Europa Russland zu einem Krieg gezwungen haben könnten, wie das z. B. erst vor kurzem der Geopolitikexperte Pierre de Gaulle im Gedenken an die Schlacht von Stalingrad beklagt hat, wird, weil nicht opportun, ignoriert. Zum zweiten Mal in der Geschichte fahren heute deutsche Panzer gegen Russland auf, mit österreichischem Applaus, bei dem die Folklorekommunisten die Vorgeschichte ausblenden. Solidarität mit den Opfern der bekannten und unbekannten Kriege in aller Welt ist nicht erkennbar, eine Friedensaktivität wie jene von Sarah Wagenknecht entspricht nicht der Gesinnung dieser grünen KPÖplus in Graz und Salzburg und wird totgeschwiegen.

Der eingangs zitierte Max Frisch war gewiss kein Marxist-Leninist. So mag es erlaubt sein, hier zum Schluss mit ihm auch die Frage an die Grazer und Salzburger Nutznießer der realexistierenden österreichischen Demokratie zu stellen: „Gesetzt den Fall, Sie bejahen nicht nur die vorhandene Gesellschaft, sondern Sie antworten mit Tränengas, wenn jemand sie in Frage stellt: fürchten Sie nicht, dass der Mensch ohne die große Utopie unweigerlich verdummt, oder fühlen Sie sich grad deswegen so postmodernwohl?“ KPÖplus sollte nachlesen, wie die in Wien nach 1918 sich auf Gemeindebauten und Wohnungspolitik konzentrierende und groß gewordene Sozialdemokratie die Illusion über die herrschende Gesellschaftsrealität verstärkte und den reaktionären Kurs in Österreich nach 1918 ebenso wenig verhindern hat können wie die Machtergreifung des Faschismus. Die Orientierung einer Kommunistischen Partei muss auf eine ausbeutungs- und unterdrückungsfreie Gesellschaft ausgerichtet sein, also, um altmodisch an das Kommunistische Manifest von Karl Marx und Friedrich Engels im 19. Jahrhundert zu erinnern, auf eine „Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist“. 

Zum Autor:

Gerhard Oberkofler ist Historiker und war viele Jahre Mitglied der KPÖ. Sein letztes Buch wird dieser Tage vom trafo Wissenschaftsverlag in Berlin ausgeliefert: Österreichs Spitzendiplomatie vor Ort. Das Beispiel Chile 1973. Gewidmet dem 50. Jahrestag des Sturzes der Regierung Allende. 

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