Israel bereitet den Bodenangriff auf Gaza-Stadt vor: Hunderte Panzer stehen an der Grenze, während Luftangriffe dutzende Zivilisten töten. Die humanitäre Lage spitzt sich zu, Geiseln bleiben in Lebensgefahr – und international wächst die Kritik nach dem Angriff auf Katar.
Gaza/Tel Aviv. Israel hat seine mörderische Offensive gegen Gaza-Stadt in den vergangenen Tagen massiv verschärft. Nach Angaben von medizinischem Personal wurden allein am Samstag mindestens 32 Menschen bei Luftangriffen getötet, darunter zwölf Kinder. Einer der Angriffe traf ein Haus im Viertel Sheikh Radwan, in dem eine zehnköpfige Familie, darunter eine Mutter und drei Kinder, ums Leben kam. Der palästinensische Fußballverband bestätigte zudem den Tod des Spielers Mohammed Ramez Sultan vom Al-Helal Sporting Club, der mit 14 Familienmitgliedern starb. Bilder zeigten Rauchwolken über der Stadt nach den Angriffen.
Das israelische Militär zerstörte in den letzten Tagen mehrere Hochhäuser und warf der Hamas frech vor, dort Überwachungseinrichtungen installiert zu haben. Am Samstag erklärte die Armee, ein weiteres von der Hamas genutztes Gebäude angegriffen zu haben. Israel fordert die Zivilbevölkerung weiter zum Verlassen der Stadt auf. Armeesprecher Avichay Adraee sprach von mehr als 250.000 Menschen, die aus Gaza-Stadt geflohen seien. Nach Schätzungen der UN liegt die Zahl jedoch deutlich niedriger, bei etwa 100.000 zwischen Mitte August und Mitte September.
Vorsorglich alle Menschen umbringen, um Hamas zu treffen
Parallel zu den Luftangriffen hat Israel nach Medienberichten Hunderte Panzer, Transportfahrzeuge, Bulldozer und Truppen entlang der nördlichen Grenze des Gazastreifens stationiert. Die geplante Bodenoffensive trägt den Namen Gideons Streitwagen II und soll stufenweise ablaufen. Kampfbrigaden sollen dabei einen Ring um Gaza-Stadt schließen. Militärs warnten jedoch, dass die Operation Monate dauern könnte und ein schneller Sieg nicht zu erwarten sei. Israelische Verteidigungsbeamte gehen davon aus, dass selbst eine Einnahme der Stadt nicht das Ende der Hamas bedeuten würde.
Die humanitäre Lage verschärft sich unterdessen weiter: Das Gesundheitsministerium in Gaza meldete, dass in den vergangenen 24 Stunden sieben Menschen, darunter Kinder, an Folgen von Unterernährung gestorben seien. Seit Kriegsbeginn belaufe sich die Zahl der Todesopfer durch Hunger auf 420, darunter 145 Kinder. Insgesamt wurden nach Angaben des Ministeriums seit dem 7. Oktober 2023 mindestens 64.803 Palästinenserinnen und Palästinenser getötet, etwa die Hälfte davon Frauen und Kinder. Rund 90 Prozent der zwei Millionen Bewohnerinnen und Bewohner des Gazastreifens gelten als vertrieben.
Katar: Trump versucht zu kalmieren
International bleibt die Lage angespannt. Der Angriff Israels auf Katar in der vergangenen Woche, bei dem ein Anschlag auf Hamas-Führer in Doha versucht worden sein soll, sorgt für diplomatische Folgen. US-Präsident Donald Trump warf Israel vor, durch solche Aktionen Chancen auf eine Geiselfreilassung zu verspielen, und mahnte „größte Vorsicht“ an. Katar sei ein „großartiger Verbündeter der USA“, betonte er, und rief Israel zu mehr Zurückhaltung auf.
Auch die Region bleibt in Bewegung: Die Huthi-Rebellen im Jemen reklamierten am Wochenende Drohnenangriffe auf israelische Ziele, darunter den Flughafen Ramon bei Eilat und eine Militärbasis im Negev. In Doha kamen arabisch-islamische Staatschefs zu einem Sondergipfel zusammen. Katars Premierminister Al Thani sprach Israel des „Staatsterrorismus“ schuldig und forderte ein Ende „doppelter Standards“ durch die internationale Gemeinschaft.
Unterdessen demonstrierten in Tel Aviv erneut Angehörige von Geiseln, die von der Hamas festgehalten werden. Sie werfen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vor, durch sein Vorgehen eine Lösung zu blockieren. „Es war nicht Hamas, die er bombardieren wollte – es war unsere Chance, unsere Angehörigen heimzuholen“, sagte Einav Zangauker, deren Sohn Matan in Gaza verschleppt wurde.