HomeFeuilletonWissenschaftKlimawandel und Eisschmelze lassen Eisbären hungern

Klimawandel und Eisschmelze lassen Eisbären hungern

Im Zuge des Klimawandels schmilzt das arktische Eis rasant und bildet sich in den Wintermonaten später oder gar nicht mehr. Für den Eisbären (Ursus maritimus), der auf Packeisschollen nach Robben jagt, bedeutet dies Nahrungsverknappung und schlimmstenfalls den Hungertod. 

Pullman/Vancouver. Ein Forscherteam der Washington State University (WSU) verfolgte von 2019 bis 2022 in der westlichen Hudson Bay 20 Eisbären, um deren Lebens- und Ernährungssituation während der Sommermonate zu untersuchen. Nun, sie blieben den Tieren nicht tatsächlich Schritt für Schritt auf den Tatzenfersen, sondern bedienten sich auch GPS-Tracker und Halsbandkameras. Es wurde also beobachtet – und am Beginn sowie am Ende des Beobachtungszeitraums gewogen. Die Ergebnisse wurden nun veröffentlicht. Sie sind nicht allzu überraschend und für die Eisbären eher unerfreulich.

Die 20 kanadischen Polarbären, die in der Studie erfasst wurden, hatte große Schwierigkeiten, im Sommer Nahrung zu finden. Sie musste sich auf Gräser, Seetang, Beeren und Tierkadaver verlegen. Das ist an sich nicht ungewöhnlich, doch der Zeitraum dieser Phase dehnt sich inzwischen so weit aus, dass den Tieren absehbar der Hungertod drohen könnte. Hintergrund ist die Erderwärmung: Wenn die Hudson Bay vereist, ziehen die Tiere nach Norden und jagen dort ihre bevorzugte Beute, nämlich fettreiche Robben, die sie von Schollen aus im Wasser fangen. In den Monaten, wo dies möglich ist, müssen sich die Bären ordentlich Gewicht anfressen, um die Sommer zu überstehen. Das Problem ist nun, dass die Eisfläche jedes Jahr früher wegschmilzt und sich später bildet. Mit dieser Umstellung haben die Eisbären zu kämpfen.

Und sie reagierten mit unterschiedlichen Strategien. Manche suchten alternative Nahrungsquellen und wurden hierbei zu Aasfressern. Andere bemühten sich, möglichst wenig Energie zu verbrauchen und eine Art „Sommerruhe“ einzuhalten. Drei der 20 beobachteten Exemplare wollten sich mit der Situation gar nicht abfinden: Nachdem es kein Eis gab, auf dem sie wandern konnten, schwammen sie kurzerhand bis zu 170 Kilometer durch die Bucht, um nach Robben zu suchen. Am meisten Glück hatte ein Bär, der einen an Land gespülten Walkadaver fand, von dem er lange fressen konnte.

Allen Tieren gemeinsam war, dass sie einen immensen Gewichtsverlust hinnehmen mussten – im Schnitt verloren sie ein Kilogramm pro Tag. Insbesondere für Jungtiere wird dies lebensbedrohlich – und die Perspektiven anhand der bisherigen Entwicklung sind nicht allzu rosig: In den letzten vier Jahrzehnten hat sich die eisfreie Zeit in der Hudson Bay um fast ein Monat verlängert, gleichzeitig ist die Eisbärenpopulation um 30 Prozent zurückgegangen. Dabei handelt es sich freilich nur um eine regional beschränkte Untersuchung – ebenso wie bei den Beobachtungen der WSU –, doch die Schlussfolgerungen sind klar: Bei fortgesetzter Erderwärmung und Eisschmelze ist das Überleben des arktischen Eisbären als Spezies höchst unwahrscheinlich.

Quelle: ORF

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