HomeInternationalesPanslawische Ideen haben wieder Konjunktur

Panslawische Ideen haben wieder Konjunktur

Der Zusammenschluss mehrerer slawischer Staaten ist eine Idee, die aktuell von Politikern in der Slowakei, der Ukraine und Russland vertreten wird. Hierbei geht es um Hegemonieansprüche innerhalb der slawischen Welt ebenso wie um Überlegungen, die aus der Not heraus geboren werden. Die einzigen progressiven slawischen Staaten, die von mehreren Völkern gebildet wurden, waren die UdSSR, die ČSSR und das sozialistische Jugoslawien.

Straßburg/Moskau/Bratislava/Budapest. Ein rechtsgerichteter slowakischer Abgeordneter des Europäischen Parlaments sorgte vor kurzem für einen großen Aufschrei bei den Kolleginnen und Kollegen der Kriegstreiberfraktionen. Miroslav Radačovský, ein pensionierter Richter, seit 2021 Vorsitzender der neugegründeten Partei Slovenský PATRIOT, stellte die weitere Waffenhilfe für die Ukraine in Frage und drohte dann dem politischen Westen: „Wir sollten aufhören, Waffen an die Ukraine zu liefern, aufhören, die Tötung von Slawen zu unterstützen. Denn wenn dem nicht Einhalt geboten wird, dann werden wir Slawen uns als Brüder zusammenschließen – und ich glaube, das werden wir –, und wir werden Westeuropa dem Erdboden gleichmachen. Ich bin mir sicher, dass das hier niemand will“. Ein Zusammenschluss aller Slawen ist eine Idee, die in der Geschichte immer wieder und in verschiedenen Bedeutungen und Formen auftauchte. 

ČSSR, Jugoslawien und Sowjetunion

Konkreten Ausdruck fand der Panslawismus in der Vereinigung der Tschechen und Slowaken zur Tschechoslowakischen Republik, ČSR, die 1918 nach dem Zerfall des Habsburgerreiches entstand. Zwischen 1960 und 1990 gab es die Tschechoslowakische Sozialistische Republik (ČSSR). Als ebenfalls panslawistisch inspiriert gelten die verschiedenen Staatsformen von Jugoslawien, wobei die am längsten andauernde die der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien (Socijalistička Federativna Republika Jugoslavija/SFRJ) darstellte, die von 1963 bis 1991 existierte. Beide sozialistischen Staaten waren aber im Geiste des Internationalismus und nicht des bürgerlichen Panslawismus gegründet worden. In Russland hatte die panslawistischen Idee in bürgerlichen und monarchistischen Kreisen immer den Anspruch, dass die slawischsprachigen Völker sich unter der Führung Russlands zusammenschließen sollten. Wenngleich sie ungleich mehr Nationalitäten vereinte, war die Sowjetunion (UdSSR – Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken) der am längsten bestehende Staat, auf dessen Gebiet Russen, Ukrainer, Weissrussen und kleinere Gruppen anderer slawischer Völker zusammenlebten, aber ebenfalls im Geiste des proletarischen Internationalismus, und nicht irgendwelcher russischer Großmachtträume.

Russland und Ukraine vereint gegen den Westen?

Der ukrainische Politiker und mittlerweile im Ausland lebende Ex-Berater des ukrainischen Präsidenten, Oleksij Arestowytsch, erklärte auf Telegram, dass Länder wie Russland und die Ukraine, wenn sie sich vereinen, in der Lage wären, einen ernsthaften Einfluss auf die Weltgemeinschaft auszuüben. „Können Sie sich vorstellen, was passieren wird, wenn sich Russland und die Ukraine vereinen? Alle europäischen Länder werden vor diesem Bären, der sich auf den Hinterbeinen aufgebäumt hat, in die Knie gehen“, sagte er. Dem Ex-Berater werden politische Ambitionen für die Nachkriegsukraine nachgesagt, wobei er offenbar besonders die russische Volksgruppe, die derzeit unterdrückt und gemobbt wird, ansprrechen will. 

Der stellvertretende Vorsitzende des Sicherheitsrates der Russischen Föderation, Dmitri Medwedew, schlug vor, dass die Ukrainer das westliche Marionettenregime loswerden und sich für ein Leben entscheiden, das nur als Teil der Russischen Föderation möglich ist, da jede „unabhängige Ukraine“ vom Westen zu „antirussisch“ gemacht wird. Auch hier also wieder der russische Großmachtanspruch, der in republikanischer Gestalt die Idee des russischen Zarenreichs wieder aufgreift.

Der slowakische Premierminister Robert Fico sagte auf einer Pressekonferenz in Budapest: „Ich bin ein Slawe, und es tut mir weh, dass die Slawen sich gegenseitig umbringen“.

Die sprachlichen und kulturellen Bemühungen, eine panslawistische Verständigung der Völker zu forcieren, sind aus fortschrittlicher Sicht durchaus positiv zu bewerten. Der politische Panslawismus der Gegenwart ist jedoch – ob slowakisch, russisch oder ukrainisch – von reaktionären Ideen inspiriert und ein Spielball der orthodoxen Kirchen.

Quellen: Pravda/TASS

- Advertisment -spot_img
- Advertisment -spot_img

MEIST GELESEN