Gestern wurde bekannt, dass die VÖZ den Kollektivvertrag Journalismus gekündigt hat. Die Gewerkschaft fordert die Rücknahme der Kündigung und die Aufnahme von Verhandlungen. Kampfmaßnahmen stehen im Raum.
Wien. Am Dienstag wurde bekannt, dass der Zeitungsverband VÖZ den Kollektivvertrag für Journalistinnen und Journalisten für Tages- und Wochenzeitungen gekündigt hat. Für bereits Beschäftigte in diesem Sektor bleiben die Regelungen des Kollektivvertrags damit zwar weiterhin in Kraft, für neue Beschäftigte gelten die Regelungen des KV ab sofort jedoch nicht mehr.
In einer Stellungnahme der Herausgeber heißt es, dass der Vorstand der VÖZ einstimmig beschlossen hat, den „Kollektivvertrag für Redakteurinnen und Redakteure und den Gesamtvertrag für ständige freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Wirkung zum Jahresende 2023 zu kündigen“. Der Vorstand beruft sich dabei auf sein sozialpartnerschaftliches Recht als „Kollektivvertragspartei auf Arbeitgeberseite“.
Die Gewerkschaft fordert die VÖZ dazu auf, die Kündigung zurückzunehmen und Verhandlungen mit ihr aufzunehmen. Für kommenden Montag wurde eine Betriebsrätekonferenz einberufen. Auf dieser soll auch über mögliche Kampfmaßnahmen beraten werden. Die VÖZ scheint sich auf eine lange Verhandlung für einen neuen Kollektivvertrag eingestellt zu haben. Sie bietet der Gewerkschaft an, den KV vollumfänglich bis 30. Juni 2024 zu verlängern, bis ein neuer KV ausverhandelt ist.
Monopolisierung und prekäre Beschäftigung
In den Kommentarspalten verschiedener Zeitungen sind immer wieder Leserinnen- und Leserkommentare zu lesen, die sich erfreut zeigen über die Aufkündigung des KV. Vielfach wird sich über die Qualität in den österreichischen Zeitungen beschwert. Völlig vergessen wird dabei, dass die Inhalte in den Zeitungen selbstverständlich nicht von den Journalistinnen und Journalisten bestimmt werden, sondern von den Eigentümern. Marx formulierte einst: „Die erste Freiheit der Presse besteht darin, kein Gewerbe zu sein.“ Im Kapitalismus ist die Presse aber selbstverständlich ein Gewerbe, das zeigen nicht zuletzt die Eigentumsverhältnisse.
Die Eigentümer der meisten Online- und Print-Zeitungen und Zeitschriften lassen sich an beiden Händen abzählen. Der Kurier befindet sich bspw. zu 50,56 Prozent über die Printmedien Beteiligungsgesellschaft im Besitz der Raiffeisen Zentralbank. Die anderen 49,44 Prozent gehören der WAZ Auslands Holding GmbH, die wiederum ein Tochterunternehmen der Funke Mediengruppe ist. Seit November 2018 ist auch die Signa Holding von Rene Benko an der Funke Mediengruppe beteiligt. Durchgerechnet besitzt die Signa Holding 24,2 Prozent. Die Funke Mediengruppe hält über die WAZ Auslands Holding GmbH außerdem 45 Prozent an der Kronenzeitung. Krone und Kurier sind zu je 50 Prozent Eigentümer der Media Print. Der Verlag des Kuriers ist zudem 30-prozentiger Eigentümer der News-Gruppe und gibt seitdem alle ihre Zeitschriften mit Ausnahme des Profil heraus. Dass die Zeitschrift Profil eigenständig bleiben musste, war eine Auflage des Kartellgerichts beim Einstieg in die News-Gruppe. Dies zeigt schon, wie sehr die Monopolisierung der österreichischen Presselandschaft vorangeschritten ist.
Die Eigentümer sind es, die letztlich die Inhalte in den österreichischen Zeitungen und Zeitschriften diktieren. Sie sind es auch, die die Verantwortung für die immer prekärer werdenden Beschäftigungsverhältnisse der österreichischen Journalistinnen und Journalisten tragen. Der Ausdünnung von Redaktionen und die Zunahme freier Journalistinnen und Journalisten ohne Fixanstellung wird mit der Aufkündigung des KVs weiter Vorschub geleistet.
Quelle: Der Standard