Wien. Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) und Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) präsentierten am Montag die „Stromsparkampagne“ der Bundesregierung, damit im Tandem mit EU-weiten Verordnungen der kommende Winter „im Idealfall nicht viel anders sein als andere Winter“ (Gewessler). Konkret soll diese Kampagne als kleinteiliges Maßnahmenpaket mit Energiespartipps, Leitlinien und verbindlichen Regeln gestaltet sein. Ziel ist es, den heimischen Stromverbrauch um 11 Prozent zu senken – daher auch der Name „Mission 11“. Mit 3,6 Millionen Euro PR-Kosten dotiert, präsentiert sich die Kampagne wie Kocher (ÖVP) es sagte, als „unkonventionell, bunt, laut“ und verfehlt das eigentliche Problem: das mit Energiekosten bereits belastete Volk zu entlasten und eine politische Lösung für die Energiekrise zu liefern.
„Banale Vorschläge“ und bitterernste Realität
So solle man laut der Regierung und österreichischen Energiebehörden etwa die Heizung im Haushalt um zwei Grad runterdrehen, man solle öfter den Topfdeckel beim Kochen benutzen, weniger Waschladungen mit der Waschmaschine erledigen, Duschen statt Baden und elektrische Geräte öfter abschalten (Kampagnenslogan hierzu: „Sag Bye zu Standby“). Diese an Zynismus nicht zu überbietenden Ratschläge werden durch Aussagen eines Vertreters der österreichischen Energieagentur, der zugibt, wie banal diese Vorschläge seien, noch weiter ad absurdum geführt. Aber es gehe, ähnlich wie es das grüne Umweltministerium predigt, darum, dass das Volk diese banalen Ratschläge auch beherzigt und umsetzt. Führende Energieriesen werden offenbar auf ihren Kanälen die Regierungskampagne bewerben, um den heimischen Energieverbrauch um 11 Prozent zu senken. Man werde auch in öffentlichen Gebäuden, exklusive Spitäler und Schulen, die Heizung auf 19 Grad runterdrehen. Für Heizschwammerln in der Gastronomie und Leuchtreklame in der Nacht könnte ebenfalls das Aus kommen.
Währenddessen fahren die Monopole am europäischen Energiemarkt, darunter auch Konzerne wie ÖMV & Co., riesige Profite ein. Wie die Zeitung der Arbeit schon berichtete, werden die befürchtete Mehrkosten angesichts des imperialistischen Krieges zwischen Ukraine und Russland, in der BRD durch eine „Gasumlage“ aufgefangen. Bedeutet: das deutsche Volk wird mit tausenden Euro Mehrkosten noch weiter ausgepresst, um die Profite der Monopolkonzerne am deregulierten Energiemarkt zu sichern. Das Risiko trägt in jedem Fall das Volk und die Arbeiterklasse. Auch in Österreich zahlt die Arbeiterklasse, die sich in diesem „heißen Herbst“ auf weitere Reallohnverluste bei den KV-Verhandlungen einstellen kann, wenn sie sich auf die sozialdemokratische Führung des ÖGB und die roten Betriebskaiser verlässt.
Pseudo-Kritik von Parlamentsopposition. Greenpeace und WWF begrüßen Regierungspolitik.
Von den linksliberalen Kräften, der SPÖ und NEOS, lautete die einzig nennenswerte Kritik, dass man solche Maßnahmen früher hätte aufziehen müssen. Überhaupt hätte die Regierung früher wichtige Gesetze auf den Weg bringen müssen. Diese eher verhaltene Kritik ist bezeichnend, schielen doch beide Parteien auf eine mögliche Koalitionsteilnahme in Zukunft. Überhaupt ist die Sozialdemokratie mitverantwortlich für die Privatisierung, Deregulierung und Spekulation am kapitalistischen Energiemarkt auf nationaler und EU-Ebene. Ganz zu schweigen von den Verlustgeschäften der Wien Energie im von SPÖ-NEOS regierten Wien, für das ebenfalls die Arbeiterklasse einiges blechen wird. Die FPÖ schimpfte auf die Energiespartipps der Regierung, den Einmischungen in das Privatleben der Menschen. Die Kapitalinteressen dahinter kann und will auch die FPÖ nicht benennen, denn auch sie vertritt letztlich Kapitalinteressen, wie sie in zuletzt in der Bundesregierung eindrücklich demonstriert hat. Sie repräsentiert in Teilen lediglich andere Kapitalfraktionen.
Grüne NGOs, wie die mit Skandale verwickelten Gruppen Greenpeace und WWF, gelten als Vorreiter von erfolgreichen „Nicht-Regierungsorganisationen“ im Natur- und Tierschutzbereich. Sie begrüßten hingegen die Politik der Regierung und forderten eine Intensivierung von Maßnahmen, die Energieeffizienz zu heben. Es sind dieselben NGOs, die seit Jahrzehnten mit Kapitalfraktionen im „Green Business“ erfolgreiche Lobby-Arbeit betreiben, für die das Volk ebenfalls mit horrenden Strompreisen bezahlen wird. In jedem Fall ist klar, wie die verschiedenen Einmalzahlungen der Regierung als pseudosoziale Geste auf Umwegen zurückgeholt werden, um die Profite der Energiekonzerne zu stützen. Ohne ihren eigenständigen Kampf gegen die Teuerungswelle, die die explodierenden Energiekosten und gegen die imperialistische Sanktionspolitik wird das Volk maximal Brotkrümmel vom Tisch der Herrschenden erwarten dürfen. Der erste Schritt um den Kampf gegen das Kapital und seine Parteien ist es sich zu organisieren.
Quelle: ORF