Havanna. Die kubanische Bevölkerung erlebt seit Monaten eine Belastungsprobe, wie sie in Europa kaum vorstellbar ist: Stromausfälle, die den Alltag zerreißen, Lebensmittel verderben lassen, Schulstunden unterbrechen, medizinische Versorgung erschweren und Familien stundenlang in drückender Hitze zurücklassen. Genau das beschreibt die deutschsprachige Online-Ausgabe der Granma, Organ der Kommunistischen Partei Kubas, mit ungewöhnlicher Offenheit und analytischer Klarheit: „Die anhaltenden Stromausfälle … sind nicht nur eine Unannehmlichkeit; sie sind ein gravierendes Symptom einer vielschichtigen Krise, die die Wirtschaft beeinträchtigt und die Widerstandsfähigkeit der Bevölkerung täglich auf die Probe stellt.“ Dass kubanische Haushalte teils 12, 18 oder sogar 24 Stunden ohne Strom auskommen müssen, ist eine soziale Realität, die der Granma-Bericht nicht beschönigt – und die nur zu verstehen ist, wenn man die Ursachen ernsthaft benennt: strukturelle Engpässe, extreme Brennstoffknappheit und die völkerrechtswidrige US-Blockade.
Was westliche Medien als „Versagen des Sozialismus“ verkaufen wollen, widerlegt die Granma Stück für Stück. Energieminister Vicente de la O Levy erklärt offen, dass Kuba im Jahr 2025 „die schlimmste Treibstoffknappheit erlebt hat, die wir je hatten“ – eine Knappheit, die nicht vom Himmel fällt, sondern bewusst durch die USA herbeigeführt wird. Die Blockade verhindert den Kauf von Ersatzteilen, treibt Preise künstlich in die Höhe, erschwert Logistik und führt dazu, dass selbst einsatzbereite Kraftwerke tagelang stillstehen, weil schlicht kein Diesel verfügbar ist. Der Minister beschreibt, warum ein eigentlich funktionsfähiges Netz dennoch zusammenbricht: „Wir verfügen über ein dezentrales Energieerzeugungssystem mit einer verfügbaren Kapazität von über 1.000 MW, und derzeit ist praktisch die gesamte Kapazität aufgrund des Brennstoffmangels außer Betrieb.“ In anderen Worten: Kubas Energieprobleme sind politisch gewollt – nur nicht von Kuba.
Für die Bevölkerung bedeutet diese Situation harte Realität: Essen, das im Kühlschrank verdirbt, Medikamente, die ohne Kühlung an Wirksamkeit verlieren, Kinder, die abends im Dunkeln lernen müssen, Fabriken, die ihren Betrieb einstellen. Für ältere Menschen und Kranke wird jeder Ausfall zur unmittelbaren Gefahr. Krankenhäuser konnten nach dem Hurrikan Melissa nur deshalb weiterarbeiten, weil die dezentrale Notstrom-Infrastruktur teilweise funktionierte.
Trotz all dieser Belastungen zeigt die derzeitige Situation, wie ein sozialistisches Land mit begrenzten Mitteln strategisch vorgeht. Instandsetzungen zentraler thermischer Anlagen – Céspedes 3, Renté 5, bald auch Céspedes 4 und Este Habana 2 – wurden abgeschlossen oder stehen kurz vor dem Abschluss. „Ab Januar 2026 werden all diese Einheiten wieder Strom erzeugen“, betont der Minister. Das bedeutet spürbare Entlastung für die Bevölkerung, die bisher monatelang mit stark eingeschränkten Kapazitäten leben musste. Auch der Ausbau der erneuerbaren Energien schreitet voran: 1.000 Megawatt Photovoltaikleistung werden bis Dezember fertiggestellt, eine Leistung, die ab Anfang 2026 zur Verfügung stehen wird. Bereits 2025 erreichten erneuerbare Quellen zeitweise 30 Prozent der Gesamtstromerzeugung – und milderten Ausfälle am Tag, die sonst genauso verheerend gewesen wären wie in den Spitzenlastzeiten.
Während die USA Sanktionen verschärfen, entsenden befreundete Staaten konkrete Solidarität. Vietnam baut und spendet Solarparks. China liefert Ausrüstung und lieferte nach dem Hurrikan Melissa 5.000 Solaranlagen für private Haushalte.
Trotz aller Bemühungen verschweigt der Granma-Bericht nicht, dass die Lage weiterhin schwierig bleibt. De la O Levy sagt klar: „Es wird ein schwieriges Jahr … Wir werden über mehr Erzeugungskapazität verfügen, aber Stromausfälle werden wir nicht vollständig beseitigen können.“ Das ist keine Kapitulation, sondern der nüchterne Realismus einer Regierung, die nicht lügt, um sich zu schützen, sondern erklärt, um Vertrauen aufzubauen.
Die Granma fasst es zusammen: „Es ist ein langer Weg, aber es ist der nationale Weg, der Weg zur Energieautonomie und ‑souveränität. Wir müssen weiterkämpfen, Widerstand leisten, aufbauen und das nationale Stromnetz verbessern.“ Dieser Weg ist nicht leicht. Aber er ist Ausdruck eines Systems, das nicht bereit ist, sich einer imperialistischen Ordnung zu unterwerfen, die Hunger, Mangel und Stromausfälle als Waffen nutzt.
Kubas Stromkrise ist nicht das Scheitern des Sozialismus – sie ist der Beweis, dass der Sozialismus trotz Blockade überlebt.
Quelle: Granma

















































































