Eine Studie der Donau-Universität Krems bietet Einblick in die Gefühlswelt junger Schülerinnen und Schüler. Tägliche Suizidgedanken bilden nur die Spitze eines bis in die äußerste Tiefe der Psyche reichenden Eisbergs.
Krems an der Donau. Eine neue Studie kommt zum besorgniserregenden Schluss, dass rund 62 Prozent der Schülerinnen und 38 Prozent der Schüler depressive Symptome aufweisen. Die Studie basiert auf etwa 1500 in den Monaten Oktober und November untersuchte Schülerinnen und Schüler im Alter von 14 bis 20 Jahren. Sie wurde an der Donau-Universität Krems in der Abteilung für Psychotherapie und biopsychosoziale Gesundheit angefertigt, im Fokus der Forschung stand die psychische Gesundheit von Schülerinnen und Schülern. Die Studie soll bald offiziell publiziert werden. Die wesentlichen Erkenntnisse wurden indes ob der Dringlichkeit der Situation schon am Mittwoch veröffentlicht.
Mittelgradige depressive Symptomatiken
Christoph Pieh, Studienautor, bezeichnete die psychische Belastung von Jugendlichen in der Tat als „besorgniserregend“, die geschilderten Zustände und Erfahrungswerte wiesen auf mittelgradig depressive Symptomatiken hin. Das heißt, die befragten Jugendlichen seien „antriebslos, freudlos, können schlecht schlafen, kommen nicht in die Gänge usw.“, so Pieh. Da „dringender Handlungsbedarf“ bestünde, forderte Pieh mehr Unterstützung in diesem Alterssegment, denn „die bisherigen Maßnahmen reichen hier ganz offensichtlich nicht.“ Fast täglich kämpfen der Studie zufolge ein Fünftel der Mädchen und 14 Prozent der Jungen mit Suizidgedanken.
Schülerinnen und Schüler haben im Zuge der Befragungen explizit den Wunsch bzw. das Bedürfnis ausgesprochen, in der Schule mehr über psychische Gesundheit zu sprechen. Christoph Pieh sieht hier eine Möglichkeit, Probleme früher zu erkennen: „Sie wollen das Thema in der Klasse ansprechen können, sie wünschen sich mehr Sensibilität in der Schule.“
Wenn man bedenkt, wie oft das Thema verschwiegen und für gewöhnlich nur im Kreis von engsten Vertrauenspersonen ausgesprochen wird, muss gerade dieser Punkt als eine Art Durchbruch betrachtet werden.
Die Schule als Dreh- und Angelpunkt der erfahrbaren Welt von Schülerinnen und Schülern müsse deshalb viel mehr genutzt werden, z.B. indem man Expertinnen und Experten in die Schule einlädt – so ein Vorschlag von Pieh. Insgesamt müsste aber viel mehr für die psychische Gesundheit von Jugendlichen getan werden, und das ab sofort: „Die Belastungsgrenze der Jugendlichen ist weit überschritten.“
Ein Leitmotiv im Kapitalismus
Die ZdA berichtete seit ihrem Bestehen immer wieder über die Problematik – es ist ein wiederkehrendes Thema, v.a. seit dem Ausbruch der Covid19-Pandemie und der dadurch losgetretenen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus. Die psychische Belastung von Jugendlichen gab es natürlich schon vorher: Im Kapitalismus wird der Mensch von Kindesbeinen an zu seiner Verwertung und Abnutzung auf dem Markt ausgebildet, ein schier unerträglicher Druck lastet unbewusst und teilweise bewusst auf dem Rücken von Kindern, Jugendlichen und Studierenden. Die Pandemie hat diese Widersprüche auf lange nicht mehr erfahrene Spitzen getrieben durch die damit einhergehende Isolation, die Verschiebung des sozialen Lebens auf die nicht ganz so sozialen Medien und das alles umfassende und tiefdringende Gefühl der Perspektiven- und Ausweglosigkeit. An sich jedoch sind diese Pathologien systeminhärent – sie erwachsen aus den von Kindesbeinen an gestellten und mit schamlosester Präpotenz hervorgebrachten Forderungen, die dieses System allen Menschen stellt: Die gänzliche Anpassung des Individuums an die Anforderungen des Markts, und zwar unter allen Umständen. Die Unsicherheit, das Unbehagen des Menschen im Menschsein selbst kann nur in einer auf die Erfüllung der Bedürfnisse aller Menschen ausgerichteten Gesellschaft verschwinden. Diese Gesellschaft heißt Sozialismus-Kommunismus.
Quelle: ORF