HomePolitikDie Privatisierungspartei SPÖ und die Kraft der Arbeiterklasse

Die Privatisierungspartei SPÖ und die Kraft der Arbeiterklasse

Unter dem Begriff Privatisierung wird nichts anderes als der Diebstahl öffentlichen Eigentums verharmlost. Keine andere Partei – mit Ausnahme der ÖVP – hat seit 1945 derart viel öffentliches Eigentum in Privatbesitz überführt, wie die SPÖ.

Wien. Die SPÖ-Wien verhandelt mit der ausgewiesenen Privatisierungspartei Neos über eine Koalition. Das führt zu vielen Irritationen und Befürchtungen vor allem unter Linken. Ohne die radikal-liberale Programmatik der Neos irgendwie schönreden zu wollen, sollte man doch die Kirche im Dorf lassen. Denn von ihren Vorstellungen werden auf Ebene der Wiener Landespolitik genau so viele Punkte umgesetzt werden, wie die SPÖ-Wien es will, und die hatte mit Privatisierungen in der Vergangenheit kein Problem. Andere Neos-Forderungen wie die Abschaffung der Kammermitgliedschaften sind sowieso nicht Landessache.

Unter dem Begriff Privatisierung wird nichts anderes als der Diebstahl öffentlichen Eigentums verharmlost. Keine andere Partei – mit Ausnahme der ÖVP – hat derart viel öffentliches Eigentum in Privatbesitz überführt, wie die SPÖ.

Das waren in der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre etwa die VOEST-Alpine, die Vereinigten Edelstahlwerke (VEW), die VMW-Ranshofen (jetzt AMAG), die Steyr-Daimler-Puch-AG, die ÖMV. Weiters die staatlichen Banken Länderbank und Creditanstalt-Bankverein, die Postsparkasse und die im Besitz der Gemeinde Wien befindliche Zentralsparkasse und schließlich die aus einer Fusion entstandene Bank Austria. Ganz zu schweigen von der Verscherbelung der zu 100 % im Eigentum des ÖGB befindlichen BAWAG an einen US-amerikanischen Heuschreckenfonds.

Im Bereich der Wiener Linien und des Wien-Kanal wurden durch die SPÖ-Wien ab 1998 sale-and-lease-back-Geschäfte mit vorwiegend US-amerikanischen Finanzhaien abgeschlossen, die dann später zum Teil unter erheblichen Verlusten vorzeitig wieder aufgelöst wurden. Auch in Spekulationsgeschäfte war die SPÖ über ihre damalige Finanzstadträtin Renate Brauner verwickelt, über die Verluste bei diesen Geschäften ist wenig bekannt. Auch bei den Wiener Verkehrsbetrieben wird schleichend privatisiert, bereits 40% des Busverkehrs wird von privaten Firmen durchgeführt.

Transparenz und SPÖ-Wien eine lustige Vorstellung

Das Vorhaben der Neos, Transparenz in die Wiener Stadtverwaltung zu bringen, mutet lustig an, denn die SPÖ-Wien ist eine Krake, die alles dominiert und sich nur ungern in die Karten blicken lässt. Da könnten die Grünen den Neos einiges erzählen. Um nur ja den Koalitionsfrieden zu bewahren haben die Grünen diesbezüglich Punkte, die sie vor ihrem Koalitionseintritt in Wien noch heftig kritisierten, geschluckt. Weiterhin wurden auch unter grüner Beteiligung die Hetzblätter Krone, Heute und Österreich mit großzügigen Inseraten und Beilagen der einzelnen Stadträte bedacht. Ohne mit der Wimper zu rucken, akzeptierten die Grünen weiterhin die Finanzierung des SPÖ-Parteifestes Donauinselfest durch die Stadt Wien.

Linke als Wurmfortsatz von Rot-Grün?

Die große Aufregung, die sich bei der Sozialistischen Jugend oder der Partei „Links“ über das Ende von Rot-Grün breitmacht, zeigt ihr strategisches Dilemma auf. Die Sozialistische Jugend muss sich irgendwie in ihrem ewig gleichen Kunststück üben, zu einer Partei zu gehören, die mit sozialistisch so viel gemein hat, wie der Papst mit der Gleichberechtigung der Frau. Dabei wird die Rolle der SPÖ in der Vergangenheit ebenso ausgeblendet, wie die Verbürgerlichung der Grünen als Partei der Gentrifizierungs-Gewinner, die mit sauteuren High-Tech-Fahrrädern durch die Stadt flitzen und ihre Wohnungen von (oft unangemeldeten) Billigarbeitern renovieren und von (oft ebenso unangemeldeten) Reinigungskräften putzen lassen. Eine Schicht, die auf die Arbeiterschaft als „rassistischen weißen Pöbel“ verächtlich herunterblickt.

Ihre politische Heterogenität und Unerfahrenheit stellt die bei den letzten Wiener Wahlen erstmals angetretene Partei „Links“ zur Schau. Das Ende der SPÖ-Grüne-Koalition wird bedauert, als wäre man selbst Teil davon gewesen, die KPÖ-Wien, die sich dieser neuen Partei untergeordnet und auf eine eigene Kandidatur verzichtet hatte, schweigt überhaupt zu diesem Thema. Dabei wird „Links“ vor ganz andere Problem gestellt werden, als die, welche Zugeständnisse die SPÖ den Neos in der kommenden Koalition machen werden. Die Grünen in Opposition werden in Wien sicher kantigere Politik als bisher machen, und man wird sich in den Bobo-Vierteln stärker noch als bisher auf die Zehen steigen. Das könnte den Erfolg bei den vergangenen Wahlen rasch zu einem einmaligen Phyrussieg verblassen lassen. Unterschiede zu den politischen Vorstellungen der Wiener Grünen bestehen ja ohnehin kaum.

„Manches wird ein bisschen schneller gehen müssen“

PdA-Vorsitzender Tibor Zenker schrieb in einer Einschätzung des Wiener Wahlergebnisses: „Manches wird ein bisschen schneller gehen müssen: Wir befinden uns in der größten kapitalistischen Krise seit dem Zweiten Weltkrieg – und die Frage ist, wer dafür bezahlt. Geht es nach dem Kapital und seinen herrschenden politischen Parteien, dann ist es die Arbeiterklasse, und sie tut es ja bereits: durch Einkommensverluste, soziale Unsicherheit, Arbeitslosigkeit, Verteuerung des Lebensunterhalts und drohende Armutsgefährdung. Dagegen braucht es Widerstand, der sich nicht auf Anträge in parlamentarischen Vertretungskörpern, ’sozialpartnerschaftliche‘ Bittgesuche oder reformistische Wunschzettel reduziert. (…) Die PdA bietet an, hierbei zu helfen und sich, nach Maßgabe ihrer Möglichkeiten, in die Frontlinie zu stellen, mit der Klasse und für die Klasse. Die Arbeiterinnen und Arbeiter lernen in den Kämpfen ihre Kraft erfolgreich anzuwenden, sie werden aber auch lernen, dass der Abwehrkampf in die Offensive führen muss.“ Das wird es sein, worauf es ankommt. Mit wem die SPÖ-Wien ihre kapitalfreundliche Politik umsetzt, ist dabei zweitrangig.

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