Die Generalstaatsanwaltschaft Guatemalas fordert die Annullierung der Sommerwahlen einen Monat vor dem geplanten Amtsantritt von Bernardo Arévalo. Demonstrierende kritisieren das Vorgehen als „Staatsstreich in Zeitlupe“.
Guatemala-Stadt. Knapp einen Monat vor dem geplanten Amtsantritt des designierten Staatschefs Bernardo Arévalo fordert die Generalstaatsanwaltschaft Guatemalas die Annullierung der im Sommer stattgefundenen Wahlen. Die Staatsanwaltschaft erklärte, bei Ermittlungen Unregelmäßigkeiten bei der Durchführung der Wahlen festgestellt zu haben, was zu einer Ungültigkeit der Ergebnisse führen solle. Diese Anschuldigungen wurden jedoch umgehend von der Vorsitzenden des Wahltribunals TSE, Blanca Alfaro, zurückgewiesen. In einer Pressekonferenz erklärte sie, dass die Ergebnisse offiziell und unabänderlich seien.
Die Staatsanwälte betonten zwar, dass die Entscheidung beim TSE liege, wiederholten jedoch ihre monatelangen Vorwürfe, wonach die Partei Arévalos, das Movimiento Semilla, bei der Einschreibung als politische Partei Unterschriften gefälscht haben soll. Diese Anschuldigungen werden von Aktivistinnen und Aktivisten der sozialdemokratisch geprägten Partei als rechtlich unbegründet zurückgewiesen. Sie betonen unterdessen, dass die Staatsanwaltschaft nicht befugt sei, Wahlen zu annullieren, und dass abgewartet werden müsse, was ein Gericht dazu sagt. Die Aktivistin Marian Meza warf gegenüber der Tageszeitung junge Welt der Staatsanwaltschaft vor, mit der Behauptung, Semilla habe betrogen, lediglich die Bevölkerung verwirren und weitere Proteste verhindern zu wollen.
Seit Monaten gehen Zehntausende in Guatemala gegen das, was sie als einen „Staatsstreich in Zeitlupe“ charakterisieren, auf die Straße. In der Hauptstadt haben sich zwei Widerstandspunkte etabliert: eines vor der Staatsanwaltschaft und ein weiteres in unmittelbarer Nähe des Kongresses. Beide werden maßgeblich von indigenen Autoritäten aus verschiedenen Departamentos getragen.
Die Vorgänge vom Freitag wurden sowohl national als auch international scharf verurteilt. Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und auch die Europäische Union sprachen sich gegen den „versuchten Staatsstreich“ aus. Selbst der mächtige Unternehmerverband CACIF, der dem herrschenden Block angehört, forderte in einer Pressemitteilung dazu auf, die Ergebnisse der Wahlen zu respektieren, um die Demokratie in Guatemala zu garantieren.
Quelle: junge Welt