Wussten Sie, dass sich der Panzer der Blaukrabbe rot färbt, wenn man sie kocht? Ist Ihnen egal? Warten Sie’s ab, denn beim nächsten Adriaurlaub wird man Ihnen das Krustentier vorsetzen!
Rom/Bari. Zu den natürlichen Fressfeinden der Blaukrabbe zählen hauptsächlich Seemöwen und Meeresschildkröten – sie haben die Krebsart ganz oben auf dem Speiseplan. Nun kommt jedoch ein neuer Spitzenprädator hinzu, der den Blaukrabben auf möglichst unersättliche Weise zu Leibe rücken möchte – die italienische Regierung. Premierministerin Giorgia Meloni höchstpersönlich sowie ihr Minister für Landwirtschaft und Ernährungssouveränität Francesco Lollobrigida (beide Fratelli d’Italia) begaben sich nach Apulien, um an einem Teller mit gekochten Blaukrabben zu gustieren. Das ist nicht völlig abwegig, denn der zweite, lateinische Teil des wissenschaftlichen Namens Callinectes sapidus verweist tatsächlich auf ein „wohlschmeckendes“ Krustentier.
Trotzdem braucht es hier ein paar erklärende Hintergründe. Zunächst: Die Blaukrabbe hat im Mittelmeer, erst recht in der italienischen Adria, eigentlich nichts verloren. Ihre heimatlichen Gefilde respektive Gewässer befinden sich an den amerikanischen Atlantikküsten, tausende Seemeilen entfernt. Doch sie wurde – schon vor über 100 Jahren – auch nach Europa eingeschleppt, vermutlich mit dem Ballastwasser von Frachtschiffen. Und hier breitet sie sich seither weitgehend ungebremst aus – manche sprechen von einer Invasion –, was die Blaukrabbe zu einem ungewollten, überaus gefräßigen Konkurrenten für die menschliche Fischerei macht. Insbesondere bei beliebten, in der mediterranen Küche unerlässlichen Schalenweichtieren wie Venus- und Miesmuscheln sowie bei Austern drohen Engpässe, wenn die Krabben den Menschen weiterhin das marine Essen wegfressen. Logische Folgerung Melonis: Dann müssen eben wir zuerst die Krabben fressen!
Fast drei Millionen Euro stellt die rechte Regierung für ihre Krabbenkampagne zur Verfügung. Die Blaukrabbe soll nun gezielt und vermehrt gefangen werden, um in italienischen Kochtöpfen zu landen. Das Fleisch des Krustentieres sei überaus fein, vielfältig einsetzbar und reich an Vitamin B12, heißt es. Zudem möchte man in der gehobenen Gastronomie der nördlichen Adria, in Venedig und Triest, die Blaukrabbe zu einer regionalen Spezialität erheben. Nun ja – dann doch lieber einfach Pizza Margherita, per favore!
Quelle: ORF