Wien/St. Pölten. Mit einer gesunkenen Wahlbeteiligung und Verlusten der eigenen sozialdemokratischen Fraktion FSG ist die Wiener Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl konfrontiert. Wie ihr niederösterreichischer Kollege Markus Wieser feiert sie aber in erster Linie sich selbst und ihre Fraktion, wobei die FSG in Niederösterreich sogar tatsächlich dazugewonnen hat und die Wahlbeteiligung leicht angestiegen ist. Trotzdem stellt sich die Frage, ob der Jubel der FSG angesichts dessen, dass weniger als 40 Prozent der Wahlberechtigten an der AK-Wahl teilnehmen, berechtigt ist. Objektiv betrachtet ist die geringe Beteiligung nämlich ein Desaster.
Wien: FSG verliert, linke Listen gewinnen, AUGE-UG stürzt ab
In Wien ist die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG) weiterhin die mit Abstand stärkste Fraktion. Laut dem vorläufigen Endergebnis kam die FSG auf 57,5 Prozent, was einem Minus von 3,2 Prozentpunkten entspricht. Platz zwei mit 8,4 Prozent nehmen nun trotz eines Verlusts von 0,6 Punkten die Freiheitlichen Arbeitnehmer ein.
Sie überholen die ÖVP-Liste FCG, die um 2,9 Punkte auf 6,9 Prozent abstürzt. Auch die Liste „GEMEINSAM“ der „Alternativen, Unabhängigen und Grünen Gewerkschafter:innen“ muss starke Einbußen von 3,1 Prozentpunkten hinnehmen und landete bei fünf Prozent. Besonders bitter ist für die den Grünen nahestehende Liste, dass sie ganz knapp von der grünen Scheinliste GA („Grüne Arbeiternehmer“) überholt wird. Die GA ist ein Familienbetrieb, der in der AK-Vollversammlung kaum in Erscheinung tritt, aber die finanziellen Zuwendungen, die Fraktionen bekommen, einkassiert.
Auf der linken Seite tat sich Interessantes: KOMintern konnte mit Spitzenkandidatin Selma Schacht ihre Mandatszahl von einem auf drei steigern. Die KPÖ-Liste Gewerkschaftlicher Linksblock (GLB) konnte ihre zwei Mandate halten und die Liste LINKS, die aus der KPÖ-nahen Wiener Kommunalliste hervorgegangen ist, errang vier Sitze.
Insgesamt kamen alle sechzehn zur Wahl angetretenen Listen mit zumindest einem Mandat in die Vollversammlung der AK-Wien. Auch die ultraliberalen und arbeiterfeindlichen NEOS haben in Wien kandidiert und erhalten ein Mandat.
Niederösterreich: Großer Verlierer ist die ÖVP
Unter der Bezeichnung „Volkspartei Niederösterreich NÖAAB-FCG“ treten die schwarzen Gewerkschafter im Mikl-Leitner-Land an. Diesmal erlitten sie jedoch eine herbe Niederlage: Von ihren 24 Mandaten gingen acht verloren und die ÖVP-Liste wird auch keinen Vizepräsidenten mehr stellen.
FSG-Spitzenkandidat Markus Wieser erreichte mit seiner Liste 72 von 110 Mandaten und konnte somit noch zwei Sitze gegenüber 2019 zulegen. Die FPÖ-Gewerkschafter erreichten 15 Mandate. Die AUGE-UG konnten in Niederösterreich ein Mandat gewinnen und haben nun vier.
Die fortschrittliche Liste KOMintern konnte zwei Mandate erreichen, sie war seit 2019 nicht in der AK NÖ vertreten, nachdem man 2014 schon einmal ein Mandat erreicht hatte.
Seit 1945 erstmals nicht kandidiert hatte in Niederösterreich der Gewerkschaftliche Linksblock (GLB), was ein weiteres Zeichen für den Niedergang der klassenbewussten Kräfte in der KPÖ ist.