Pretoria. Die südafrikanische Regierung unter Präsident Cyril Ramaphosa hat nach der neuerlichen Corona-Welle mit der neu entdeckten Omikron-Mutante angekündigt, maßgebliche Elemente des Gesundheitsschutzes einzustellen. Dazu gehöre das Contact-Tracing genauso wie international angewandte Quarantäneregeln für Kontaktpersonen von Corona-Positiven. Künftig dürften sogar asymptomatisch Infizierte ohne Isolation auskommen, diese müssten sich an besondere Masken- und Abstandsregeln halten. Praktisch gesehen ist dies ein weiterer Schritt in Richtung Individualisierung der Gesundheitsrisiken und, wie die Behörden indirekt zugeben, eine Konsequenz des kapitalistischen Gesundheitssystems, dessen Mängel immer offensichtlicher zutage treten.
Begründet werden diese Schritte mit der „besonderen Situation“ in der Republik Südafrika. Ergbnissen von groß angelegten Antikörperstudien zufolge haben aufgrund der gescheiterten Pandiempolitik der ANC-Regierung 60–70 Prozent der Bevölkerung mindenstens eine Corona-Infektion durchgemacht. Seit Beginn der Pandemie und insbesondere im letzten Sommer drohte das die Lage im Gesundheitssystem an mehreren Punkten zu kippen. Wegen des bestehenden Schutzes durch durchgemachte Infektionen könnte erklärt werden, warum trotz der hohen Infektions- und Hospitalisierungsraten durch die Omikron-Mutation die Todesraten nicht explodiert sind. Aktuell sind knapp ein Viertel der südafrikanischen Bevölkerung vollimmunisert und ca. 36 Prozent haben den Erststich. Zwar habe sich der Zugang zu Impfstoffen verbessert, aber der jahrelange Rückbau der öffentlichen Versorgung im Gesundheitswesen wie auch in der Strom- und Wasserversorgung hat tiefe Wunden hinterlassen, welche durch gestiegene Impfraten nicht auszugleichen sind. So kämpften viele Krankenhäuser im vergangenen Sommer inmitten der dritten Welle mit Stromausfällen aufgrund der Privatisierung des Stromnetztes, Überlastung, Ressourcenmangel, weshalb z.B. verfügbarer Sauerstoff aufgrund mangelnder Fachkräfte nicht benutzt werden konnte.
Die Ramaphosa-Regierung ist mit den vorgeschlagenen Änderungen der Quarantäneregeln unter anderem darauf aus, den hohen Personalmangel im Gesundheitswesen auszugleichen. So waren laut dem „Standard“ vor einer Woche in der Provinz Westkap mehr als zehn Prozent der Beschäftigten im Gesundheitswesen als Erkrankte oder Kontaktpersonen in Quarantäne. Abseits der hohen Infektiosität und dem drastisch abgesetzten Impfschutz besteht keine Einigkeit darüber, ob die Omikron-Mutante gefährlicher ist oder sogar harmloser, wie manche Medien behaupten. Diejenigen Stimmen, welche die kriminelle Durchseuchungspolitik der Ramaphosa-Regierung verteidigen und auf andere Länder ausweiten wollen, da die Omikron-Variante angeblich wesentlich harmloser sei, müssen beachten, dass in zwei Jahren Pandemie eben jene Pandemiepolitik wohl zu einer Übersterblichkeit von knapp 280.000 Menschen geführt hat. Das ist der Preis einer Durchseuchungspolitik, wie sie auch großteils in Schweden ausprobiert wurde, mit der Konsequenz, dass Schweden zum „Hauptexporteur“ des Coronaviruses im skandinavischen Raum wurde und wesentlich mehr verhinderbare Tote in Kauf nahm.
Quelle: Der Standard/Reuters