Normalerweise schützt die EU die Großbanken und Finanzkonzerne bei ihren halbseidenen Machenschaften. Wenn die geschädigten Kunden jedoch größere Investoren und sogar Staaten sind, wird’s heikel.
Brüssel. Ob nun der Einbruch in eine Bank gegenüber der Gründung einer solchen tatsächlich nur die Unternehmung von Dilettanten ist, sei als moralische Einschätzung dahingestellt. Dass vielerlei Finanzgeschäfte am Verbrechen nur knapp vorbeischrammen, scheint hingegen Fakt zu sein – und nun haben ein paar Institute wieder mal den Bogen überspannt: Nachdem sie ein illegales Kartell rund um den internationalen Anleihehandel gebildet hatten, müssen drei Großbanken Geldstrafen im Gesamtausmaß von 28,5 Millionen Euro bezahlen, zu denen sie von der EU-Kommission verdonnert wurden. Die eidgenössische Credit Suisse, die französische Crédit Agricole und die US-amerikanische Bank of America Merrill Lynch haben im Bereich der supranationalen, halbstaatlichen und staatlichen Dollar-Anleihen Preisabsprachen getroffen. Die Investmentbank aus den USA erhielt die höchste Strafe von 12,6 Millionen Euro, Crédit Agricole 11,7 Millionen – demgegenüber kamen die Schweizer Kartellbrüder mit vier Millionen vergleichsweise billig davon.
Letztlich muss man sich aber keine größeren Sorgen machen, alle drei Institute werden die Summen schon aufbringen. Die Credit Suisse will außerdem in Berufung gehen, da sie sich offenbar unschuldig fühlt. Originelles Detail am Rande: Die Deutsche Bank, die ebenfalls an dem Kartell beteiligt war, kommt gänzlich ungeschoren davon, denn sie hat die Sache aufgedeckt – oder eher: verraten. Als Belohnung fürs Verpfeifen gibt’s von der EU-Kommission für die Frankfurter Banker nun die Straffreiheit (einen ähnlichen Fall gab es vergangene Woche rund um ein Bahnkartell der DB und ÖBB). Für die Mitverschwörer aus New York, Paris und Zürich gewiss eine Enttäuschung, womit wir wieder am Anfang sind: Wenn vier Ganoven eine Bank ausrauben, dann halten danach alle dicht. Wenn vier Banken ihre Kunden betrügen, fängt irgendein Dilettant zum Plaudern an. In dieser Branche halten sich wohl nicht alle an Ehrenkodizes, wie sie jedes andere Verbrechersyndikat befolgt – hoffentlich werden in nächster Zeit nicht ein paar Deutsche Bank-Manager mit Betonpatschen im Main versenkt.
Quelle: Der Standard