Die antimilitaristische Kampagne „Stop RWM“ wendet sich gegen die Waffenfabrik des multinationalen Konzerns Rheinmetall, der unter der von ihm kontrollierten RWM Italia GmbH in der Region Sulcis Fliegerbomben produziert.
Iglesias. Aktivistinnen und Aktivisten der Kampagne Stop RWM fanden heraus, dass das Unternehmen Rheinmetall in diesem Sommer Sprengstofftests in der Station Domusnovas-Iglesias durchgeführt hat.
Die Nutzung der Station für Sprengstofftests war vom Staatsrat im Jahr 2021 für missbräuchlich erklärt worden. Das Urteil wurde dann im Februar 2022 bestätigt, als dasselbe Verwaltungsgericht in zweiter Instanz die Berufung von Rheinmetall gegen das Urteil zurückwies. Bei einer Inspektion, die Ende August stattfand, hatten sardische Aktivistinnen und Aktivisten zahlreiche Sandsäcke und vor allem offensichtliche Schäden an den Stahlbetonwänden des R140-Testgeländes festgestellt.
Fehlende Umweltverträglichkeitsprüfung
Nach dem Urteil des Staatsrats, der 2021 den Bau der neuen Stationen wegen der fehlenden Umweltverträglichkeitsprüfung abgelehnt hatte, müssten die Testfelder R200, R210 und R140 eigentlich ungenutzt bleiben, bis RWM Italia einen nachträglichen Attest der Umweltverträglichkeit erhalten würde. Das Unternehmen forderte in der Zwischenzeit, um den Stillstand wettzumachen, nur die neu gebauten Abteilungen und nicht den gesamten Komplex in Übereinstimmung mit den Vorschriften zu bringen. Diese Forderung wurde aber nie von zuständiger Seite genehmigt.
In einer öffentlichen Versammlung wiesen die Aktivistinnen und Aktivisten zudem darauf hin, dass die Anlage von RWM vom Rio Figu durchflossen wird, der von der Gemeinde Iglesias als „sehr ernsthaftes hydraulisches Gefahrengebiet“ eingestuft wird, sowie vom Überschwemmungsgebiet desselben Flusses, das als „sehr hohes hydrologisches Risiko“ mit der Möglichkeit des „Verlusts von Menschenleben und schweren Verletzungen von Personen, schweren Schäden an Gebäuden, Infrastrukturen und am ökologischen Erbe“ definiert wird. Auch in diesem Fall hieß es im Abschlussbericht der öffentlichen Anhörung, dass die gemeldeten Einschränkungen weiter untersucht werden müssten, insbesondere eine Analyse der hydraulischen Gefahrenbereiche. Stattdessen haben Umweltschützer und Antimilitaristen herausgefunden, dass die neuen Sprengstofftests vom Amt für Umweltverträglichkeitsprüfung der Region Sardinien genehmigt wurden, nachdem andere regionale Stellen eine positive Stellungnahme abgegeben hatten.
Schaden für die Umwelt bei Nichtbenützung?
RWM Italia hat dabei die Genehmigung aufgrund eines Gesetzes beantragt, das die Fortführung der Tätigkeit im Falle einer nachträglichen UVP vorsieht. Auf dieser Grundlage erhielt der Teil der Station, der bereits in Betrieb war, ein positives Attest, im Gegensatz zu den beiden anderen Abschnitten R200 und R210, die nie in Betrieb genommen wurden. Die Vorschrift ist für Arbeiten gedacht, die im Falle einer Unterbrechung einen größeren Schaden für die Umwelt verursachen würden, als wenn sie in Betrieb bleiben würden.
Die Auswirkungen einer Waffen- und Sprengstofffabrik, die vierhundert Meter von einem Naturschutzgebiet entfernt liegt, muss dabei jedoch noch geprüft werden. Das davon betroffene Gebiet der SIC Monte Linas – Marganai ist nämlich ein Gebiet von großem faunistischen, botanischen und geologischen Interesse, das sich über mehr als 23.600 Hektar erstreckt und mehrere Gemeinden beinhaltet.
„Von strategischer Bedeutung für den Staat“
Der Geschäftsführer von RWM Italia, Fabio Sgarzi, feierte während der öffentlichen Sitzung zum UVP-Verfahren die Tätigkeit des Unternehmens als „von strategischer Bedeutung für den Staat und die verbündeten Nationen“, „grundlegend für die Gewährleistung der souveränen Sicherheit vor jeglichen Bedrohungen von außen“.
In Wirklichkeit geht aus dem letzten Jahresbericht hervor, dass auf den italienischen Markt nur 3,6 Prozent des Umsatzes in Höhe von sieben Millionen Euro entfallen und 1,6 Prozent der im Laufe des Jahres neu abgeschlossenen Verträge in Höhe von weiteren acht Millionen Euro. Der europäische Markt ist ebenfalls marginal: Europäische Staaten machen etwa 12 Prozent der Endverbraucher der von RWM Italia vermarkteten Produkte und Dienstleistungen aus. Andererseits gibt es in der Bilanz immer noch „nicht-operative Verträge“ für die Lieferung von Flugzeugbomben an Saudi-Arabien im Wert von 298 Millionen Euro, die von der italienischen Regierung 2019 blockiert werden. Für eine ähnliche Lieferung an die Vereinigten Arabischen Emirate hat RWM Italia ein Verfahren eingeleitet, um den erlittenen Schaden ersetzt zu bekommen.
Sgarzi: Mehr Arbeitsplätze als Gegenleistung
Obwohl die Hälfte des Geschäfts innerhalb der Gruppe abgewickelt wird, weist RWM Italia 2022 ein deutlich verbessertes Ergebnis auf, was „auf die Veränderung (…) des internationalen geopolitischen Kontextes zurückzuführen ist, der durch die Russland/Ukraine-Krise gekennzeichnet ist“. Dank des Konflikts hat sich die Tätigkeit des sardischen Werks, das sowohl Bombenkörper als auch Sprengstoffladungen herstellt, allmählich intensiviert und erstreckt sich nun auf sieben von sieben Wochentagen. Zu diesem Zweck benötigt das Unternehmen die neuen Abteilungen R200 und R210, deren verspätete Inbetriebnahme zu den Produktionsrisiken gezählt wird.
Als Gegenleistung für die UVP, so Sgarzi, bietet RWM die Absicht der Gruppe an, „Wurzeln zu schlagen“ und „immer mehr in ein Gebiet zu investieren, (…) in dem die Arbeitslosenquote (…) mehr als doppelt so hoch ist wie die nationale Jugendarbeitslosigkeit“, während das Pro-Kopf-Einkommen zu den niedrigsten in Italien gehört. Die Schaffung neuer Arbeitsplätze ist ein Mantra, das von dem Unternehmen und seinen Befürwortern wiederholt wird, aber die Bilanz zeigt, dass die Zahl der Beschäftigten von RWM im Vergleich zum Vorjahr im Wesentlichen gleich geblieben ist (von 96 auf 98), während sich die Zahl der Zeitarbeiter verdoppelt hat (von 77 auf 144), um die „unregelmäßige Produktionsentwicklung“ zu bewältigen.
Beschwerdebrief zwei Jahre lang nicht weitergeleitet
Während der Prozess gegen die Manager, die Techniker des Unternehmens und die Gemeindebeamten, die die Erweiterung des Werks genehmigt haben, in der Verhandlungsphase ist, hat die Staatsanwältin Rossella Spano die Überstellung eines anderen Mitarbeiters der Gemeinde Iglesias zur Verhandlung beantragt. Dieser hatte ganze zwei Jahre lang eine Verwaltungsbeschwerde gegen den Bau der Station nicht weitergeleitet. Es handelte sich um eine außerordentliche Beschwerde beim Präsidenten der Republik, die von verschiedenen Gewerkschaften (Legambiente, Assotziu consumadoris, Usb, Centro sperimentale autosviluppo, Comitato riconversione Rwm) eingereicht wurde. Das Verfahren sieht vor, dass das Dokument bei der zuständigen Gemeinde eingereicht wird, die es daraufhin an das zuständige Ministerium weiterleiten muss.
In diesem Fall wurde der Einspruch trotz zahlreicher Mahnungen der Antragsteller erst nach dem Urteil des Staatsrats an das Infrastrukturministerium weitergeleitet, wodurch er praktisch nutzlos wurde. Die erste Anhörung in diesem neuen Verfahren ist für den 24. Januar 2024 angesetzt.
Quelle: IlFattoQuotidiano