Inmitten der Eskalation des Nahostkonflikts besuchte eine Delegation der Kommunistischen Partei der Türkei (TKP) vom 4. bis 6. November den Libanon. Ziel der Reise, die durch kürzliche Absprachen zwischen der TKP und der Libanesischen Kommunistischen Partei (LKP) intensiv vorbereitet wurde, war die Stärkung der Solidarität unter den revolutionären Kräften der Region und die Erörterung gemeinsamer Schritte zur Unterstützung des Widerstands gegen die israelischen Angriffe. Die Delegation bestand aus dem TKP-Generalsekretär Kemal Okuyan, den Mitgliedern der Leitungsmitglieder Mehmet İnam und Yiğit Günay sowie dem Journalisten Musa Özuğurlu.
Treffen mit der Libanesischen Kommunistischen Partei
Am ersten Tag traf sich die Delegation im Hauptquartier der LKP in Beirut mit Generalsekretär Hanna Gharib und weiteren Parteivertretern. In dem zweistündigen Gespräch diskutierten Okuyan und Gharib die politischen Entwicklungen in der Türkei und im Libanon sowie die allgemeine Lage im Nahen Osten. Die beiden Parteien analysierten die Bedeutung der aktuellen Widerstandsbewegung im Libanon und in Palästina und berieten über mögliche Schritte, um den Widerstand gegen Israel in beiden Ländern zu unterstützen. Einigkeit bestand darin, die Kooperation und den Informationsaustausch zwischen revolutionären Kräften in der Region zu vertiefen.
Besuch von Flüchtlingszentren: Zeugen der humanitären Krise
Am 5. November besuchte die TKP-Delegation zwei von der LKP unterstützte Zentren in Berce und Savfar, die als Zufluchtsorte für viele der 1,3 Millionen libanesischen Binnenflüchtlinge dienen. Diese Menschen waren aufgrund der israelischen Angriffe gezwungen, ihre Häuser zu verlassen. Die Delegation sprach mit den geflüchteten Familien sowie dem Verwaltungspersonal der Zentren, um deren Bedarf zu verstehen und mögliche weitere Unterstützungsmaßnahmen zu besprechen. Kurz nach der Abreise der TKP-Delegation aus Berce wurde die Stadt jedoch Ziel eines israelischen Luftangriffs, bei dem 30 Menschen ums Leben kamen. Die LKP verurteilte diesen Angriff und betonte die große Bedeutung des TKP-Besuchs trotz der Gefahren für die gesamte internationale revolutionäre Bewegung.
Gespräche mit palästinensischen Widerstandsorganisationen
Am Nachmittag des gleichen Tages traf die TKP-Delegation im palästinensischen Flüchtlingslager Mar Elias Vertreter der Demokratischen Front zur Befreiung Palästinas (DFLP) und der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP). Diese Treffen dienten der Einschätzung der politischen und militärischen Situation in der Region. Okuyan unterstrich die Bedeutung des palästinensischen und libanesischen Widerstands und erklärte, dass der Kampf in Palästina und im Libanon Teil desselben Kampfes sei, den die TKP gegen Unterdrückung und Imperialismus führe.
Gemeinsame Pressekonferenz: Solidarität und Kritik an der Türkei
Am 6. November traten Okuyan und Gharib in einer gemeinsamen Pressekonferenz auf. Gharib betonte, dass die Solidarität und die gemeinsame Front aller progressiven und revolutionären Kräfte der Region angesichts des fortwährenden Konflikts entscheidend seien. Die TKP-Delegation habe unter gefährlichen Bedingungen den Libanon besucht und so ihre Unterstützung für die libanesische und palästinensische Bevölkerung gezeigt, was ein wichtiges Signal für alle internationalen revolutionären Kräfte sei.
Okuyan bedankte sich bei der LKP für die Organisation des Besuchs und hob hervor, dass dieser nicht nur eine Solidaritätsbekundung sei, sondern Ausdruck der tiefen Verbundenheit mit dem Widerstand der Völker im Libanon und Palästina. Er kritisierte auch die türkische Regierung scharf und warf ihr eine Doppelmoral vor: „Während Erdoğan Netanyahu beschimpft, setzt die Türkei ihre wirtschaftlichen Beziehungen zu Israel fort.“ Ein besonderer Dorn im Auge sei ihm dabei der Transit des aserbaidschanischen Öls durch die Türkei, das Israel für seine Militärjets verwende.
Okuyan betonte weiter, dass die TKP die Unterstützung der libanesischen und palästinensischen Widerstandsbewegungen als einen zentralen Teil ihres eigenen Kampfes gegen Imperialismus betrachte. „Diese Kämpfe stehen in direkter Verbindung zu unserem eigenen Kampf. Was hier geschieht, ist die Frontlinie der internationalen Bewegung gegen die weltweite Ausbeutung,“ so Okuyan.
Zukünftige Solidaritätsaktionen und die Verantwortung der Revolutionäre
Nach Abschluss der Reise kündigte die TKP eine umfassende Solidaritätskampagne an, die sich auf die Unterstützung der libanesischen Hilfsorganisationen konzentrieren wird. Insbesondere die medizinische und humanitäre Arbeit der LKP im Libanon solle langfristig unterstützt werden. Diese Entscheidung baut auf einem Beschluss des TKP-Parteitags im September auf, der die Solidarität mit revolutionären Kräften im Nahen Osten als strategisches Ziel definiert hatte.
Gharib lobte die Entschlossenheit der TKP und hob hervor, dass „die Menschen im Nahen Osten keinen Frieden und keine Gerechtigkeit erlangen werden, solange sie sich nicht vereint gegen die imperialistischen Aggressoren stellen.“ Die LKP sei tief in den Widerstand verwurzelt und werde diesen Weg weiterhin mit aller Kraft fortsetzen, während auch die TKP bekräftigte, dass die enge Zusammenarbeit zwischen den beiden Parteien gestärkt werden solle.
Ein starkes Zeichen der Solidarität
Der Besuch der TKP-Delegation im Libanon ist ein Zeichen der grenzüberschreitenden Solidarität, die die gemeinsamen Ziele und den unerschütterlichen Willen zur Unterstützung des Widerstands im Nahen Osten unterstreicht. „Wir sehen diesen Kampf als unseren eigenen. Unsere Partei wurde inmitten der Besatzung gegründet, und so wie die libanesischen Kommunisten für ihre Heimat kämpfen, kämpfen auch wir für unsere,“ erklärte Okuyan am Ende seines Besuchs.