HomeInternationalesUkrainische Linke enttäuscht von internationaler Sozialdemokratie

Ukrainische Linke enttäuscht von internationaler Sozialdemokratie

Die ukrainischen Sozialisten und Sozialdemokraten zeigen sich enttäuscht über die ausbleibende Unterstützung für die von Terror und Repressalien der ukrainischen Regierung gebeutelten linken Organisationen und Aktivisten im Land. In einem Brief an die Sozialistische Internationale listet Maxim Goldarb im Namen der ukrainischen Linken unzählige Fälle von Verhaftungen, Folter und Ermordung von linken ukrainischen Politikern, Aktivisten und Journalisten in den Jahren ab 2022 auf. Maxim Goldarb selbst ist aktuell Vorsitzender der sozialdemokratischen „Union der linken Kräfte“ in der Ukraine. 

Wir bringen hier Auszüge aus dem Brief von Maxim Goldarb an die Socintern bzw. deren Vorsitzenden, den Vorsitzenden der PSOE und spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sanchez. Auch wenn die Redaktion die Illusionen des Autors in die internationale Sozialdemokratie nicht teilt, entlarvt der Brief deren Politik:

„Die Socintern, ihr Vorsitzender und viele ihrer europäischen Mitgliedsparteien müssen wissen, dass die ukrainische Regierung seit Beginn des Krieges alle, wir betonen !!!ALLE !!! linken ukrainischen Parteien verboten hat. Sie wurden verboten – unter weit hergeholten und absolut absurden, unbegründeten Anschuldigungen! Diejenigen ihrer Führer und Mitglieder, die das Land nicht verlassen konnten, wurden getötet oder hinter Gitter geworfen: 6. März 2022 – Verhaftung und Inhaftierung der Kommunisten, der Brüder Kononowitsch; 10. März 2022 – Verhaftung des sozialistischen Journalisten Jan Taksyur; 19. März 2022 – Verhaftung der Oppositionspolitikerin und Menschenrechtsaktivistin Olena Bereschnaja; 22. Februar 2022 – Verhaftung des Bloggers und Publizisten Dmytro Skworzow; 19. März 2022 – Verhaftung des linken Journalisten Juri Tkatschew; 31. März 2022 – Verhaftung von Gleb Ljaschenko, Journalist und oppositioneller Blogger. Ein Jahr später wurde Ilja Kiva, der ehemalige Vorsitzende der Sozialistischen Partei der Ukraine, in Moskau von einem Agenten der ukrainischen Sicherheitsdienste ermordet. Die Liste ließe sich noch zwei Seiten lang fortsetzen. Parteibüros linker Parteien wurden von Nationalisten und Radikalen verwüstet.

Die linken Parteien der Ukraine, insbesondere die Union der Linken Kräfte der Ukraine, wurden allein deshalb verboten, weil sie für den Frieden, die sofortige Einstellung der Feindseligkeiten und die Aufnahme von Friedensverhandlungen eintraten; weil sie erklärten, dass eine nukleare Katastrophe bevorstehe; weil sie direkt auf die Nutznießer des Krieges in der Ukraine hinwiesen – die Oligarchie und den militärisch-industriellen Komplex; weil sie über Korruption katastrophalen Ausmaßes schimpften, über den Höhepunkt des Neonazismus im Land, über die Zerstörung der nationalen Wirtschaft und die Bereicherung von Oligarchen und dem Präsidenten nahestehenden Beamten; im Allgemeinen über alles, was auch die Massenmedien im Dienste der Weltoligarchie heute verkünden.

Unsere zahlreichen Appelle an viele linke Parteien in Europa, insbesondere an die PSOE und persönlich an den Vorsitzenden der Sozialistischen Internationale P. Sanchez, blieben einfach unbeantwortet. Woran liegt das? Gleichgültigkeit? Was ist dann die weltweite Solidarität und gegenseitige Unterstützung der Linken, von der auf den Kongressen der Sozialistischen Internationale so oft die Rede ist? Wo bleiben die von Ihnen erklärte „Solidarität”, „Freiheit”, „Gerechtigkeit”? Oder gilt das nur für Mitglieder der Sozialistischen Internationale, andere linke Parteien sind nicht erfasst? Wo sind die Solidaritätsproteste der Sozialistischen Internationale mit uns? Warum begrüßen Ihre Führer wie Sanchez und Scholz fröhlich die Bosse von Selenskyjs Regime, anstatt auf dessen offensichtliche diktatorisch-nationalistische Züge in einer strengen, sozialistischen Weise hinzuweisen?

Oder ist es die stillschweigende Unterstützung der Unterdrückung und Verfolgung der ukrainischen Sozialisten und Kommunisten durch die Führung der Sozialistischen Internationale und der europäischen sozialistischen Parteien? Und warum? Wofür? Ich möchte nicht an Letzteres glauben, aber wie sonst lässt sich Ihr Schweigen in diesen Jahren erklären? Unwissenheit? Noch einmal: Unsinn, ich habe Sie persönlich darüber informiert.

Verstellung, schöne Worte, Slogans, Erklärungen und Posen auf der Bühne werden kaum ausreichen, um die Rolle und die Kraft und Tiefe Ihrer Überzeugungen mit Brandt und Palme gleichzusetzen. Ein solches Verhalten und die Position „Ich sehe nichts, höre nichts, sage nichts” werden das weltpolitische Niveau der Sozialistischen Internationale auf nichts Entscheidendes und nichts Beeinflussendes reduzieren. Und ihr derzeitiges spezifisches Gewicht in der Weltpolitik des neuen Jahrtausends droht absolut unvergleichbar zu werden mit der Zeit Brandts.

Wie der damalige Vorsitzende der Sozialistischen Internationale, B. Carlsson, vor etwa 35 Jahren zu Recht sagte: ‚Die Kongresse der Organisation werden zu Strömen schöner Worte, die in der Wüste der Untätigkeit versiegen.‘“

Quelle: Nachdenkseiten

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