In Vorarlberg verzeichnet die Mietervereinigung einen massiven Anstieg hilfesuchender Menschen, die mit ihren Mieten im Rückstand sind und vor der Delogierung stehen.
Bregenz. Aufgrund der weitreichenden Einkommensverluste und ‑ausfälle im Zuge der Corona-Epidemie sowie der kapitalistischen Wirtschaftskrise haben viele Menschen in Vorarlberg ein massives Problem, ihre Mieten zu begleichen. Von März bis Juni waren Mieterinnen und Mieter vor Zwangsräumungen geschützt, doch diese Schonfrist ist abgelaufen und seit Juli gibt es wieder Mahnläufe, Räumungsklagen und Delogierungen. Denn natürlich wurde das Problem nur aufgeschoben: Die Corona-bedingten Mietrückstände wurden ja nicht gestrichen, sondern lediglich gestundet – nun müssen sie bezahlt werden, und zwar inklusive vier Prozent Verzugszinsen. Die soziale und finanzielle Situation vieler Menschen ist aber nach wie vor fatal: Durch Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit und Verdienstentgang können sie sich ihre Mieten immer noch nicht leisten – und schon gar nicht die jetzt fälligen Nachzahlungen oder Betriebskostenabrechnungen. Viele Menschen wissen nicht, wo sie das geforderte Geld hernehmen sollen, und stehen vor einer persönlichen oder familiären Katastrophe.
Die Mietervereinigung Vorarlberg berichtet von einem deutlichen Anstieg hilfesuchender und verzweifelter Menschen, denen der Verlust der Wohnung oder des Hauses droht. In einigen Fällen wurden den Betroffenen vom Vermieter bereits Strom und Wasser abgesperrt und natürlich ist es nur eine Frage der Zeit – nämlich des juristischen Fristenlaufes – bis Menschen wieder effektiv vor die Tür gesetzt werden: Damit sei in der ersten Jahreshälfte 2021 in größerer Zahl zu rechnen, zumal sich die Verhältnisse für viele Menschen nicht bessern, sondern sogar verschlechtern werden. Hinzu kommt im äußersten Westen Österreichs die Tatsache, dass die Wohnungsmieten im Bundesländervergleich in Vorarlberg ohnedies besonders hoch sind. Es ist offensichtlich, dass die betroffenen Mieterinnen und Mieter, denen die Delogierung droht, dringend Hilfe und Unterstützung von Bund und Land brauchen – niemand darf auf der Straße landen. Im Großen zeigt sich aber auch, dass der Kapitalismus das Grundbedürfnis auf würdiges und leistbares Wohnen letztlich nicht erfüllen kann und will: Er will auch über den Mietzins den Maximalprofit aus der eigentumslosen Arbeiterklasse herauspressen, deren ohnedies limitierter Lohn zu einem Gutteil für Wohnkosten draufgeht – für die wirtschaftliche und soziale Situation, die der Kapitalismus selbst den Menschen aufbürdet, interessiert er sich nicht. Insofern braucht es nicht nur niedrigere Mieten, sondern ein anderes System einer gerechten Wohlstandsverteilung, in dem Wohnen ein garantiertes Grundrecht ist.
Quelle: ORF