Die Belegschaft in der Autofabrik im serbischen Kragujevac bekommt nach Herkunftsland bezahlt. Es gelten die jeweiligen Kollektivverträge. Serbische Gewerkschaften protestieren dagegen, können bislang aber nichts ausrichten. Die einst so stolze jugoslawische Arbeiterklasse wurde zur Sklavenarmee der multinationalen Konzerne degradiert.
Kragujevac. Der ausschließlich in Serbien produzierte Fiat Grande Panda soll zu einem Verkaufsschlager der italienischen Automarke werden, mit Hybrid- Elektroantrieb‑, und Verbrennungsmotor. Das Problem: Der Hochlauf der Produktion am Standort Kragujevac hat sich stark verzögert und Stellantis hat immer noch Schwierigkeiten, die seit vielen Monaten aufgelaufenen Bestellungen zu erfüllen. Trotz der schrittweisen Umstellung auf drei Schichten steht die Produktion weiterhin unter Druck.
Um das Tempo halten zu können, setzte Stellantis Arbeiter aus mehreren Ländern ein. Darunter waren auch 100 Italiener, die aus angeschlagenen Fabriken wie Pomigliano d’Arco, Melfi, Cassino, Termoli oder Mirafiori stammten. Giovanni, so sein Vorname, ist einer dieser Arbeiter, die vorübergehend nach Serbien gegangen sind.
Seine Aussage gegenüber der Zeitung Corriere Della Serra hat es in sich. 1.600 Kilometer von zu Hause entfernt zu sein, ist ein hartes Los. In Italien wird sein Gehalt durch „Solidaritätsverträge“ geschmälert, die besagen, dass die Arbeit nach Auftragslage anfällt. In manchen Monaten arbeitete er nur zehn oder elf Tage. In Serbien hingegen kann er endlich ein volles Gehalt beziehen. Mit Nachtzuschlägen, Überstunden und Fahrtkostenzuschüssen beträgt sein Lohn mehr als 2.000 Euro.
Löhne nach Herkunftsland
In Kragujevac arbeiten aber nicht alle Arbeiter zu gleichen Bedingungen. Italienische Arbeiter behalten ihre italienischen Verträge mit Löhnen, die weit über denen ihrer einheimischen Kollegen liegen. Serbische Arbeiter erhalten nur zwischen 600 und 800 Euro im Monat. Viele von ihnen haben noch einen zweiten Job, um über die Runden zu kommen. Marokkanische, algerische und nepalesische Arbeiter vervollständigen die internationale Belegschaft, die oft jung ist und manchmal ihre ersten Erfahrungen in der Industrie macht. Laut Giovanni wird jeder nach den Regeln seines Herkunftslandes bezahlt, eine Ungleichheit, die den serbischen Gewerkschaften bekannt ist und von ihnen angeprangert wird, die aber bislang anscheinend nicht zu Protesten der Belegschaft geführt hat.
Diese Aussage wirft ein Schlaglicht auf eine umfassendere Realität: Die Produktion des Fiat Grande Panda beruht heute auf einem fragilen Gleichgewicht, das aus eingeschränkter Mobilität, Lohnunterschieden und provisorischen Lösungen besteht. Für einige italienische Gewerkschaften ist es ein schmerzhaftes Symbol, in Serbien ein Modell zu produzieren, das in Pomigliano oder anderswo in Italien hätte montiert werden können. Eines ist sicher: der aus Fiat, Peugeot und Chrysler hervorgegangene Konzern Stellantis mit noch weiteren Marken wie zum Beispiel Opel macht das, was Konzerne immer machen. Er versucht, die Kosten der Ware Arbeitskraft möglichst niedrig zu halten und betreibt in Serbien das besonders schäbige Spiel, krass unterschiedliche Lohnhöhen auszuzahlen. Das ist in dem Land möglich, das einst ein Teil des sozialistisch orientierten Jugoslawiens war, und in dem eine solche Schweinerei wohl mit Gefängnis für die Direktoren geendet hätte. So ändern sich die Zeiten. Das westlich-liberale Kapitalismus-Modell, in das die Zerstörer Jugoslawiens die Nachfolgestaaten getrieben haben, hat zur Bereicherung weniger und zur Armut vieler geführt. Die einst so stolze jugoslawische Arbeiterklasse wurde zur Sklavenarmee der multinationalen Konzerne degradiert.
Quelle: ItalPassion




















































































