Die ÖVP übt sich gerade im Schauspiel für Gleichberechtigung zu sein und tut sich immer wieder als Fürsprecher für Kinderbetreuung hervor. Dahinter stecken bestimmte politische Ideen, die die Interessen des Kapitals dienen.
Innsbruck. In dieser Woche ging Anton Mattle (ÖVP) der Tiroler Landeshauptmann mit der Ankündigung, einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem zweiten Lebensjahr bis 2026 durchzusetzen, an die Öffentlichkeit. Die Frage der Kinderbetreuung scheint für die ÖVP neuerdings ein zentrales Thema zu sein, Bundeskanzler Nehammer hatte auch im Sommergespräch davon gesprochen, dass große Investitionen in die Kinderbetreuung geplant seien, die Rede was von 4,5 Milliarden. Wer nun glaubt, dies hätte seinen Ursprung in dem Wunsch der Emanzipation der Frau, täuscht sich.
Personalmangel und schlechte Arbeitsbedingungen in Kindergärten
Investition in Kinder- und vor allem Kleinkinderbetreuung ist im gesamten Bundesgebiet überfällig, das ist klar. Vor diesem Hintergrund klingen die Ankündigungen auf den ersten Blick erst einmal super und man fragt sich, ob die ÖVP ihr konservatives Familienbild wohl überdacht hat und Mütter wirklich entlasten möchte.
Das ist aber eher unwahrscheinlich. Nicht nur, dass es nur Pseudolösungen für den Personalmangel, der ohnehin schon lange herrscht, gibt – eine Kampagne mit dem Slogan „Wir sind elementar“ wird wohl nicht zu Löhnen führen, die einen von der Arbeit als Elementarpädagogin gut leben lassen oder die einem eine Entlastung bei den viel zu schlechten Betreuungsschlüsseln und und und gäbe. Das Vorhaben ist somit schon einmal auf Ebene der wohl verfügbaren Arbeitskräfte illusorisch. Dies versucht man mit Quereinsteigerinnen oder einer Offensive in Sachen Tageseltern zu lösen. Dies führt wahrscheinlich zu einem ähnlichen Erfolg wie die Bekämpfung des Arbeitskräftemangels an Schulen.
Der Betreuungsschlüssel in Österreichs Kindergärten unterscheidet sich zwar zwischen den Bundesländern, ist aber in keinem ideal. Qualitätsvolle Kinderbetreuung braucht mehr, als das, was die ÖVP tun will. Somit ist auch der Punkt, ob man den Kindern in der Betreuung gerecht werden kann, ein massiver, der ungelöst bleibt.
EU-Ziele und Reformen sichern zukünftig Wettbewerbsstandort und Pensionen
Aber ganz im Sinne der EU-Ziele versucht man dennoch etwas zu tun. Österreich ist im internationalen Vergleich weit abgeschlagen, was die Infrastruktur in der Kinderbetreuung angeht. Die EU zielt in ihren Beschlüssen ebenso wie die ÖVP mit ihrne Vorschlägen darauf ab, dass einerseits weibliche Arbeitskräfte, dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und andererseits, dass Kinder zu guten Arbeitskräften für die Zukunft werden.
Es geht nicht um Gleichberechtigung, geschweige denn Emanzipation der Frau. Es geht um einen Bedarf an (spezifischen) Arbeitskräften. Einerseits sind Frauen nach wie vor, trotz vielfach sogar höher Qualifikation, günstige Arbeitskräfte. Andererseits hat die Entwicklungspsychologie ebenso wie sozialwissenschaftliche Forschung gezeigt, dass insbesondere die überfachlichen Kompetenzen, die am auf den unsicheren Arbeitsmarkt braucht, bereits vor Schulbeginn angelegt werden, deswegen sind Kinder auch der ÖVP in den Blick geraten, schließlich sollen sie nicht nur zukünftig den Wettbewerbsstandort Österreich und EU, sondern auch die Pensionen sichern. Bei ihren Reformen will die Volkspartei aber nicht zu weit gehen. Deswegen soll Anrecht auf Kinderbetreuung erst ab dem zweiten und nicht bereits dem ersten Lebensjahr eingeführt werden, schließlich will man es sich nicht mit seiner konservativen Wählerinnen- und Wählerschaft verscherzen.
Gleichberechtigung in der Ausbeutung
Ein Ausbau der Kinderbetreuung ist an sich wünschenswert und positiv, jedoch unter den Maßgaben des der Kapitalismus nicht undifferenziert als positiv zu werten. Der geplante Rechtsanspruch passt unterdessen nämlich auch dazu, dass die Löhne immer weniger reichen, aber die Reichen sich die Taschen voll machen. Betreuung ermöglicht nämlich die Ausbeutung von Frauen, und das Kapital will nur in einer Hinsicht die Gleichberechtigung, nämlich eben in der Ausbeutung.
Quelle: ORF