Der Nachfolger von Peter Schröcksnadel an der Spitze des Österreichischen Skiverbandes wird voraussichtlich Karl Schmidhofer heißen – eine Überraschung, die ein paar Fragen aufwirft.
Salzburg. In der Nachfolge des mächtigen und durchaus diskutablen ÖSV-Präsidenten Peter Schröcksnadel sah es lange Zeit nach einem, in Hintergrund sehr heftigen, Duell zwischen den ehemaligen Ski-Größen Michael Walchhofer und Renate Götschl aus. In der Nacht auf vergangenen Mittwoch einigte sich eine Mehrheit der Landesverbände jedoch auf einen Kompromisskandidaten, der am 19. Juni in Villach gekürt werden soll: Karl Schmidhofer, 59 Jahre alt, bislang Präsident des steirischen Skiverbandes. Dem Vernehmen nach nicht unbedingt Schröcksnadels Wunschnachfolger – er soll eher Götschl favorisiert und Walchhofer rigoros abgelehnt haben –, doch im Wesentlich bleibt vieles beim Alten: Schmidhofer, übrigens der Onkel der früheren Super-G-Weltmeisterin Nicole Schmidhofer, kommt (wie Schröcksnadel) aus der Seilbahnenbranche und hat eine klar wirtschaftliche Schlagseite – dies ist insofern relevant, als der vermeintliche Sportverband ÖSV mehrere Tochtergesellschaften hat, die im Veranstaltungsbereich für erhebliche Umsätze sorgen, und deren Geschäftsführer ist wiederum der ÖSV-Präsident selbst. Damit ist einigermaßen fraglich, inwieweit Schmidhofer die sportlichen Baustellen des Skiverbandes auf Vordermann bringen kann, doch darum ging und geht es eben auch gar nicht: Es geht (fast) immer ums Geschäft.
Natürlich ist die Postenbesetzung auch politisch: Schmidhofer ist seit 2019 Nationalratsabgeordneter der ÖVP, früher war er Gemeinderat im Bezirk Murau. Schon in jungen Jahren wurde er Mitglied der Jungen Volkspartei, aus der ja auch Bundeskanzler Kurz seine engsten Vertrauten rekrutierte. Insofern kann man die Wahl Schmidhofers ein bisschen als türkise Einfärbung des ÖSV betrachten, zu Hause soll Schmidhofer mit der Autonummerntafel MU-KURZ1 unterwegs gewesen sein. ÖVP-nahe war der ÖSV freilich immer, doch die Tiroler Übermacht unter dem Innsbrucker Schröcksnadel war eher schwarz als türkis. Von daher war es auch der prominente Tiroler Landesverband, der sich bei der Ländersitzung nicht für Schmidhofer aussprach, sondern sich der Stimme enthielt. Somit könnte sich in weiterer Folge ein wenig Machtverlust für die Tiroler Adler ergeben, wohingegen Schmidhofer beim kommenden Kongress (und danach) umso mehr auf Wohlwollen und Stimmen der anderen Landesverbände angewiesen ist, was man auch „zurückzahlen“ wird müssen: Der Salzburger Walchhofer soll ÖSV-Vizepräsident, Götschl steirische Landespräsidentin werden.
Es bleibt dreierlei abzuwarten: Einerseits die Frage, ob nun das überkommene, in vielen Bereichen überaus problematische und autoritäre „System Schröcksnadel“ ein wenig aufgebrochen wird, was nur teilweise zu erwarten ist; andererseits, ob auch im ÖSV die Umfärbung von Schwarz auf Türkis mit ähnlich irritierenden Verwerfungen wie in der ÖVP selbst behaftet sein wird – einige verbandsinterne Beziehungen wurden in den vergangenen Wochen und Monaten bereits zerrüttet. Und dann wäre da freilich noch der sportliche Bereich, der irgendwie allzu oft untergeht: In acht Monaten stehen die Olympischen Winterspiele als Nagelprobe auf dem Programm – und da hat der ÖSV in einigen Bereichen Aufholbedarf.
Quelle: Der Standard