Nach dem Wahlsieg der Regierungspartei in Georgien – und der Niederlage der oppositionellen Präsidentin – ist man in Brüssel verstimmt. Eigentlich hatte man klar kommuniziert, welches Ergebnis gewünscht war und anerkannt werden würde.
Tiflis/Brüssel. Vor einer Woche in Moldawien hatte man noch Glück: In letzter Sekunde kippte die Ablehnung des EU-Beitritts per Referendum doch um eine Handvoll Stimmen, nachdem noch ein paar Wahlzettel von westeuropäischen “Auslandsmoldawiern” gefunden wurden. In Georgien blieb eine derartige Hilfe aus.
Die Regierungspartei “Georgischer Traum” erreichte bei der Parlamentswahl eine absolute Mehrheit von 54 Prozent, wie die Wahlbehörde mitteilte. Die Opposition – in allen Medien von Brüssel bis Wien schon vor Wochen zum Sieger erklärt – erlitt eine deutliche Niederlage mit insgesamt nur 37 Prozent, nachdem einige ihrer Listen an der Vierprozenthürde gescheitert waren. Ihre zentrale Figur ist Staatspräsidentin Salomé Zourabichvili, eine französische Diplomatin, die noch vom kriminellen Polit-Legionär Saakaschwili angeheuert worden war. – Somit wird die Regierung an der Macht bleiben, der man im Westen nachsagt, sie sei “pro-russisch”, während die Opposition “pro-europäisch” sei. Aus linker Sicht darf man durchaus beide Seiten wenig sympathisch finden.
Man kann allerdings getrost davon ausgehen, dass der “Georgische Traum” ungeachtet seiner Verortung im kontinental umstrittenen Kaukasusgebiet keine besonderen Vorbehalte gegen den Kontinent Europa hegt, wohl aber bezüglich der EU an Skepsis zugelegt hat. Man verweigert sich den imperialistischen Zuspitzungen aus Brüssel, den Waffenlieferungen in Kriegsgebiete und der Hintertreibung von Friedensgesprächen.
Die georgische Bevölkerung wollte sich nicht in zwischenstaatliche Konflikte und militärische Auseinandersetzungen hineinziehen lassen und votierte daher einfach für – den Frieden. Nichts weiter. Dass dieser eben auch Frieden mit Russland impliziert, ja implizieren muss, kann man in Brüssel eben nicht begreifen. Dort bedeutet Frieden den totalen Krieg gegen Russland.
Und weil das Wahlergebnis nicht so aussieht, wie es westeuropäische Regierungen und Medien vorhergesagt und – man muss das verstehen – eigentlich dekretiert haben, schreit man jetzt im Trump-Manier laut herum, die Wahlen seien gefälscht worden und die EU dürfe sie nicht anerkennen. Als “Beweise” für den Oppositionssieg dienen Nachwahlbefragungen privater TV-Sender – kein Scherz!
Nur blöd, dass man EU-seitig selbst tausende Wahlbeobachter vor Ort hatte, darunter auch Reinhold Lopatka (ÖVP), EU-Abgeordneter. Er sagte zur Wahl, es habe zwar eine Atmosphäre des Drucks gegeben, aber eine systematische Wahlmanipulation mit gefälschten Stimmzetteln sei unwahrscheinlich. “Die Beeinflussungen waren nicht wahlentscheidend”, die Durchführung der Wahl sei “technisch sauber” organisert gewesen.
Die Tendenz der EU, nur Wahlen anzuerkennen, die in ihrem Sinn verlaufen oder in letzter Sekunde in ihrem Sinn manipuliert werden, unterstreicht den letztlich antidemokratischen Charakter der EU, die eben ein imperialistisches Bündnis und ein interventionistisches Werkzeug der Banken, Konzerne und Militärs ist. Wenn ein Großteil der Moldawier und Georgier damit nichts zu tun haben will, dann zeugt das von entsprechenden politischen Einsichten und demokratischer Souveränität.
Quelle: ORF