USA. International ist der Onlineriese Amazon nicht bekannt dafür, besonders zimperlich mit den Beschäftigten umzugehen. In der vergangenen Woche gab es beispielsweise Berichte, dass die Amazon-Lieferanten gezwungen seien, auf ihren Fahrten in Flaschen zu urinieren, selbst von defäkieren wird geschrieben. Wenngleich die Managementebene ihr Wissen über diese Praxis zuerst leugnete, zeigt sich laut „Der Standard“ anhand von Erwähnungen in Meetings, Dokumenten und E‑Mails, die als Belege vorliegen, dass diese Praxis wohlbekannt ist. Erklärt wird dies durch quasi nicht erreichbare Quoten, die den Fahrern als Zielgröße vorgegeben werden.
Nun wurde bekannt, dass solche illusorischen Zielgrößen auch in einem kalifornischen Logistikzentrum von Amazon festgelegt waren. Hier wurde den Kolleginnen und Kollegen die Mittagspause kurzerhand gestrichen oder von vornherein nicht eingeplant. Wenn dennoch Pausen genommen wurden, musste ein Walkie-Talkie mitgenommen werden, falls es zu einem Bedarf an Unterstützung käme. Hiergegen reichten Anwälte eine Sammelklage ein, diese wurde nun nach Berichten der „Standard“ nun an ein Bundesgericht weitergeleitet, nachdem der Fall im Februar in San Francisco eingereicht worden war.
Das Ganze reiht sich in die arbeiterfeindliche Praxis des Konzerns ein, die auch über die Grenzen der USA hinaus Usus sind. Erst Anfang März wurde Amazon beispielsweise von der kalifornischen Arbeitskommission wegen sogenanntem Lohndiebstahl zu einer Geldstrafe von 6,4 Millionen US-Dollar verurteilt. Überwachsesspraktiken und niedrige Löhne scheinen ein internationales Firmenmerkmal zu sein.
Gegen solche Praktiken hilft kein Boykott oder politischer Konsum, sondern lediglich organisierter Widerstand durch die Arbeiterschaft. Denn nur dieser kann der Konzernleitung das Fürchten lehren und eine tatsächliche Verbesserung der Lebensverhältnisse ermöglichen. Auch Klagen und Strafen beeindrucken solche Konzerne kaum.
Quelle: Der Standard/Der Standard