HomePolitikGraz vor Koalition aus KPÖ, Grünen und SPÖ

Graz vor Koalition aus KPÖ, Grünen und SPÖ

Graz. In einer gemeinsamen Pressekonferenz gaben die Spitzenkandidatinnen- und Kandidaten der KPÖ (Elke Kahr), der Grünen (Judith Schwentner) und SPÖ (Michael Ehmann) bekannt, dass sie in „vertiefende Sondierungsgespräche“, also in konkrete Koalitionsverhandlungen, gehen. Die drei Parteien hätten im Grazer Gemeinderat 28 von 48 Sitzen, und damit eine deutliche Mehrheit.

Der Stadtsenat setzt sich in Graz nach dem Proporzsystem zusammen, und gemäß des Wahlergebnisses wird die KPÖ drei Stadträte, die ÖVP zwei und die Grünen und die FPÖ je einen Stadtrat stellen. Hier reichen die Stimmen der KPÖ und der Grünen für eine Mehrheit aus, die SPÖ ist aufgrund ihres schwachen Abschneidens bei der Wahl nicht im Stadtsenat vertreten. Anders als in Wien, wo es „nicht amtsführende Stadträte“ gibt, die bei vollen Bezügen spazieren gehen, muss in Graz jedem Mitglied des Stadtsenats ein Ressort zugeteilt werden, sodass also auch die ÖVP und die FPÖ weiterhin ihre Bereiche haben werden, in denen sie regieren.

„Habt euch alle lieb“-Kurs der KPÖ

In den Gesprächen mit allen Parteien, die der Vertiefung mit Grünen und SPÖ vorangegangen sind, hat die KPÖ als stärkste Partei versucht, auch die beiden Rechtsparteien in die künftige Arbeit einzubinden, was ihr im Falle der ÖVP einen Katalog von 30 Fragen einbrachte, die sie schließlich beantwortete. Darin geht es nicht nur um die Grazer Kommunalpolitik oder die österreichische Innenpolitik, sondern von der KPÖ werden Offenbarungseide zu Weißrussland, zu Jugoslawien, China und Venezuela verlangt. Auch in bürgerlichen Medien werden diese Fragen aufgeworfen, und dort wird insbesondere die positive Bezugnahme von Kahr auf Jugoslawien und Josip Broz Tito skandalisiert. Tito sei ein Mörder gewesen, schreien sie, und werfen dabei die Kommunisten, die auf der Gefängnisinsel Goli Otok inhaftiert waren, in einen Topf mit den Verbrechern der Ustascha und der Tschetniks, die das Weite suchen wollten, als der Krieg für sie und ihre Verbündeten, den Nazi-Faschisten in Berlin, verloren war. Da scheut man nicht davor zurück, die faschistischen Märtyrerlegenden eines angeblichen Massenmordes in der Nähe von Bleiburg zu übernehmen.

Die damals inhaftierten jugoslawischen Kommunistinnen und Kommunisten würden sich das aufs Schärfste verbitten. Sie kämpften Seite an Seite mit Tito für die Befreiung Jugoslawiens, in Ungnade fielen sie erst, als sie den Bruch Titos mit der Sowjetunion, der KPdSU und großen Teilen der kommunistischen Weltbewegung sowie seine Anbiederung an den „Westen“ nicht mittragen wollten.

Aus den Antworten der Grazer KPÖ ist zu schließen, dass sie vieles in der internationalen Politik durchaus differenziert sieht, im Gegensatz zur ÖVP, wäre noch anzumerken. Die KPÖ weist allerdings darauf hin, dass sie von der ÖVP auch keine Distanzierungen von den austrofaschistischen Kanzlern Dollfuss und Schuschnigg und anderem verlangt.

Die Frage wird sein, ob der „Habt euch alle lieb“-Kurs von Elke Kahr, der unter anderem Respekt und Freundlichkeit in die Politik bringen soll, bei den Rechtsparteien ÖVP und FPÖ Anklang finden wird. Die FPÖ etwa, die im Wahlkampf noch Plakate aufhängen ließ, in denen an Flüchtlinge gewandt „Graz ist nicht eure Heimat“ proklamiert wurde, ließ schon ausrichten, dass sie die künftige Koalition als „inländerfeindlich“ bezeichnet.

Kommunistische Politik im Kapitalismus in engen Grenzen

Das, was eine künftige Bürgermeisterin Elke Kahr machen wird können, wird sich in engen Grenzen bewegen. Das, wofür sie gewählt wurde, nämlich Anstand, Sauberkeit und Hilfsbereitschaft, wird sie sicher weiter unter Beweis stellen. Auch das Soziale wird wohl eine stärkere Rolle spielen, ebenso die Schaffung günstigen Wohnraums.

Die Bäume werden aber nicht in den roten Himmel wachsen, auch wenn die KPÖ-Jugendorganisation KJÖ am Wahlabend – möglicherweise unter dem Einfluss berauschender Substanzen – verkündete, Graz wäre „in kommunistischer Hand“. Kommunistische Politik im Kapitalismus vermag das Leben für die unteren Volksschichten etwas zu erleichtern, mehr aber auch nicht. Das weiß man schon aus anderen Städten Europas.

Will sie mehr, müsste die KPÖ-Graz ebenso wie die KPÖ-Steiermark bereit sein, da und dort auf vollen Konfrontationskurs mit dem Kapital zu gehen. Das heißt, man müsste versuchen, die „Verhältnisse zum Tanzen zu bringen“ und Motor des Klassenkampfs zu sein. Das versuchen etwa der kommunistische Bürgermeister der drittgrößten Stadt Griechenlands, Patras, oder sein Genosse in der türkischen Stadt Tunceli/Dersim, auch indem sie etwa das Genossenschaftswesen fördern und forcieren und die Monopole bekämpfen. Das wird aber in Graz wohl nicht der Fall sein, da es den Grazer Kommunisten um eine sauberere, sozialere und ökologischere Verwaltung des Kapitalismus geht, nicht um mehr. Insofern füllen sie den Platz aus, den die SPÖ schon lange verlassen hat, den einer halbwegs anständigen und den „kleinen Leuten“ verbundenen Sozialdemokratie.

Quellen: ORF Steiermark/KPÖ Graz

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