Kommentar von Tibor Zenker, Vorsitzender der Partei der Arbeit Österreichs (PdA)
Im Jahr 1961 schickte die UdSSR mit Juri Gagarin den ersten Menschen ins Weltall – eine große wissenschaftlich-technische Errungenschaft des Sozialismus. Nun, nachdem jüngst die Multimilliardäre Richard Branson und Jeff Bezos ihre jeweiligen privaten „Raumflüge“ absolviert haben, steht somit fest: Es vergehen schlappe 60 Jahre, bis der Privatkapitalismus so weit ist wie der Sozialismus. Denn irgendein besonderer Fortschritt oder gar eine Pionierleistung war mit den Aktionen Bransons und Bezos‘ nicht verbunden – sie stellen raumfahrttechnische Banalitäten dar, über die man in Moskau und v.a. Peking gewiss nur müde lächelt. Bransons 80 Kilometer Flughöhe liegen nach allgemeingültiger Definition noch nicht einmal im eigentlichen Weltraum, und Bezos war nur Passagier in einem gänzlich ferngesteuerten Objekt. Kurz gesagt: Bezos mag sich vielleicht für Zefram Cochrane halten, doch es reicht nur für eine Lex Luthor-Parodie. In Wirklichkeit hat selbst die Hündin Laika mehr für die menschliche Raumfahrt geleistet als Branson und Bezos.
Der etwas ernstere Hintergrund der privatkapitalistischen Raumfahrtbemühungen spiegelt den Abstieg der imperialistischen Hegemonialmacht USA wider: Die staatliche NASA ist nicht mehr in der Lage, eigenständig Material, geschweige denn Astronauten ins All zu bringen, weswegen sie zuletzt auf die freundliche Unterstützung Russlands angewiesen war. Gegenüber den großen Fortschritten Chinas im Bereich der Weltraumtechnik haben die USA gänzlich den Anschluss verloren. Daher liegt es gegenwärtig an Milliardären mit Ego-Problemen, die „westliche“ Raumfahrt wieder in Gang zu bringen, wobei hier Elon Musks Bemühungen insgesamt von größerer realer Bedeutung sind als die Ausflüge von Branson und Bezos. Letzterer dürfte im All aber zumindest eine kleine Erleuchtung gehabt haben, denn bei der Pressekonferenz nach seiner Rückkehr sagte er: „Ich möchte jedem Amazon-Mitarbeiter und jedem Amazon-Kunden danken, weil ihr habt für diesen Flug bezahlt.“ Immerhin weiß er also, dass sein astronomisches Privatvermögen und damit seine teuren Raketenspielereien nur möglich sind, weil sich rücksichtslose kapitalistische Ausbeutung eben bezahlt macht – für die Ausbeuter.
Insofern ist es ja eine durchaus gute Sache, die Kapitalistenschweine ins All zu schießen. Der Fehler besteht aber darin, dass man sie auch wieder zur Erde zurückkehren lässt.