In der Frage der mutmaßlichen Falschaussage vor dem „Ibiza“-U-Ausschuss hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen Sebastian Kurz erhoben. Den früheren Bundeskanzler und zwei türkise Getreue erwartet im kommenden Oktober ein Strafprozess.
Wien. Was seit einiger Zeit erwartet worden war, wurde Freitagvormittag öffentlich bekannt: Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) muss sich wegen Falschaussage vor Gericht verantworten. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) erhob noch monatelangen Ermittlungen nun Anklage. Kurz wird vorgeworfen, im „Ibizia“-Untersuchungsausschuss als Auskunftsperson im Juni 2020 die Unwahrheit gesagt zu haben.
Konkret geht es um die Frage, ob und inwieweit Kurz in den Postenschacher und die diesbezüglichen Pläne um die Staatsholding ÖBAG involviert war. Der gestrauchelte ehemalige Shootingstar der ÖVP bestreitet seine Beteiligung oder gar Entscheidungsgewalt, jedoch legen die berühmten „Chats“ mit dem schließlichen ÖBAG-Vorsitzenden Thomas Schmid anderes nahe – und auch Schmid selbst belastet seinen früheren Chef und Mentor.
Neben Kurz und seinem damaligen Kabinettschef im Bundeskanzleramt, Bernhard Bonelli, wird auch die frühere stellvertretende ÖVP-Vorsitzende sowie Casinos- und Lotterien-CEO Bettina Glatz-Kremser angeklagt – auch ihnen wird falsche Beweisaussage vorgeworfen. Dieses Delikt nach Paragraf 288 des Strafgesetzbuches wird im strengsten Fall mit Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren geahndet, was im Kurz-Prozess eher nicht zu erwarten ist. Prozessbeginn soll am 18. Oktober dieses Jahres sein, bereits am 23. Oktober könnten die Urteile feststehen.
Das Verfahren wegen Falschaussagen vor dem U‑Ausschuss sowie gegenüber der WKStA ist natürlich bei weitem nicht das einzige rund um die ÖVP-Skandale. Ein erster Karmasin-Prozess ist bereits über die Bühne begangen, doch z.B. das berüchtigte „Beinschab-Tool“ harrt noch einer weiteren juristischen Behandlung, wobei diesbezüglich nicht nur gegen Einzelpersonen, sondern nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz auch gegen die ÖVP selbst auf der Anklagebank landen dürfte.
Quelle: ORF