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Wolfgang Sobotka, Israel und der Antisemitismus

Kommentar von Otto Bruckner, stellvertretender Vorsitzender der Partei der Arbeit Österreichs (PdA)

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka hat uns diese Woche wieder belehrt. Von ihm mussten wir uns anhören, wie die Interpretation von „Nie wieder“ auf das Heute umzulegen sei: Auf uneingeschränkte Solidarität mit Israel. Das bedeutet dann natürlich auch – Sobotka hat es bei seinem Besuch in Israel schon unter Beweis gestellt – bedingungslose Unterstützung der rechtsradikalen israelischen Regierung, der auch offen faschistische Minister angehören. Im Sinne eines „Postmodernismus in den Geschichts- und Sozialwissenschaften“ würden „Fakten beliebig interpretierbar gemacht“. Ein Ausdruck davon sei etwa, wenn Israel als „postkolonialer Apartheitsstaat“ denunziert und ihm das Existenzrecht abgesprochen werde. Damit zeigt sich unser Nationalratspräsident als Komplize des rechtsextremen Netanjahu-Regimes.

Da wird ja mit der ganz großen Keule draufgedroschen. Wer Israel als Apartheidstaat bezeichnet – was er zweifellos ist -, spricht dem Staat das Existenzrecht ab? Das ist blödeste und übelste israelische Regierungspropaganda. Haben wir etwa dem Staat Südafrika das Existenrecht abgesprochen, als wir ein Ende der Apartheid forderten? Natürlich nicht. Das Existenzrecht wurde in Südafrika ebenso wie heute in Israel dem Herrschaftsmodell der Eliten abgesprochen, eben der Apartheid. „Man kann keine Demokratie sein, wenn man ein anderes Kollektiv knechtet. Israel ist keine Demokratie, sondern ein Apartheidstaat“, sagte der israelische Historiker Moshe Zuckermann in einem Interview mit der Zeitung der Arbeit.

Die uneingeschränkte Unterstützung Israels, die Sobotka einfordert, gilt – das nimmt er wohl billigend im Kauf – einem Verbrecherregime. Erinnern wir uns an die Worte des bis heute amtierenden israelischen Verteidigungsminister Yoav Gallant über das Vorgehen der israelischen Regierung und Armee im Gazastreifen: „Kein Strom, kein Essen, kein Sprit, alles ist abgeriegelt. Wir kämpfen gegen menschliche Tiere und wir handeln dementsprechend“. Diese Ankündigung stammt vom 9. Oktober 2023, zwei Tage nach dem blutigen Überfall der Hamas auf Israel. Seither sind der Strategie der totalen Blockade und der rücksichtslosen Zerstörung aller Lebensgrundlagen mehr 35.000 Menschen im Gazastreifen zum Opfer gefallen. Nahezu alle Wohnhäuser, Schulen und Krankenhäuser wurden zerstört, Kinder verhungern.

Warum glaubt Sobotka, dass das keine Apartheidpolitik ist? Etwa, weil die ÖVP sich als Vorkämpferin gegen Antisemitismus profilieren will, um ihre in der Ära Kurz in jeder Hinsicht verspielte Glaubwürdigkeit wiederherzustellen? Dann muss sie einmal bei sich selbst beginnen. Denn in Niederösterreich, Oberösterreich und Salzburg koaliert die ÖVP mit der FPÖ, die immer wieder durch Verbindungen ins rechtsextreme Mileu und antisemitische Äußerungen ihrer Politiker auffällt. Der amtierende Landeshauptfrau-Stellvertreter von Niederösterreich, Udo Landbauer, gehört der Burschenschaft „Germania zu Wiener Neustadt“ an, die Liedertexte wie diesen in ihren Liederbüchern stehen hatte: „Da trat in ihre Mitte der Jude Ben Gurion: ‚Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million.“ Landbauer wusste angeblich nichts von diesen Texten in den Liederbüchern seiner Burschenschaft. Wer das glaubt, hat gute Aussichten auf eine Karriere in der ÖVP. Sobotka gehörte auich schon zwei mal zu den Wegbereitern einer ÖVP-FPÖ-Koalition auf Bundesebene. Da störte man sich auch nicht an den antisemitischen Ausritten eines Jörg Haider oder der Neonazi-Vergangenheit eines HC Strache.

Das ist die ÖVP: Glühende Verteidigerin des israelischen und Partner des österreichischen Rechtsextremismus. Eine Partei, in der es noch immer vielen schwerfällt, sich vom Austrofaschismus und dem Faschistenkanzler Engelbert Dollfuss zu distanzieren. 

Auch Sobotkas Parteikollegin, die Ministerin Karoline Edtstadler, kann sich ihre Warnungen vor dem „linken Antisemitismus“ sparen. Auch sie ist eine Vertreterin dieser scheinheiligen und doppelbödigen ÖVP.

Zum Mitschreiben für die ÖVP: Man kann und muss Israels Regierung für ihr Vorgehen gegenüber der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen, im Westjordanland und in Israel selbst kritisieren. Man muss ein sofortiges Ende des Genozids an der Bevölkerung Gazas fordern. Man kann sich gemeinsam mit der israelischen Friedensbewegung für ein Ende der Apartheidpolitik und für eine Zweistaatenlösung einsetzen. Man kann die radikalen Minister in Israel als Faschisten und die Regierung von Benjamin Netanjahu vollkommen berechtigt als rechtsextrem bezeichnen. Und nichts davon ist antisemitisch.

Und noch eines zur Erinnerung: Jahrhundertelang schon gab es den christlichen Antijudaismus und Antisemitismus als Vorläufer des Nationalsozialismus. Die ÖVP hätte – will sie sich ernsthaft mit Antisemitismus auseinandersetzen – genug zu tun, wenn sie ihre politisch-ideologischen Vorgänger in Monarchie und Erster Republik einer gestrengen Prüfung auf Judenfeindlichkeit und Antisemtismus unterzieht.

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