Dass Bundespräsident Alexander Van der Bellen für seine Wiederkandidatur um Spenden aus der Bevölkerung bittet, unterstreicht die Abgehobenheit der politischen „Eliten“, aber auch die Demokratiedefizite des bürgerlich-kapitalistischen Systems.
Wien. Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen stellt sich im Herbst der Wiederwahl. Zu diesem Zweck beginnt er zunächst einmal mit einer „Spendenkampagne“, denn ein Präsidentschaftswahlkampf kostet Geld. 2016 waren es über sieben Millionen Euro, die Van der Bellen ausgab, während FPÖ-Kandidat Norbert Hofer sich mit schlappen sechs Millionen begnügte.
In einer Zeit der Krisen, in der die Bevölkerung mit einer historischen Teuerungswelle und massiven Reallohnverlusten kämpft, wird sie also aufgerufen, für die politischen Ambitionen eines Spitzenverdieners zu spenden. Etwa 25.400 Euro beträgt das monatliche Bruttogehalt des Bundespräsidenten, das sind 335.000 Euro im Jahr sowie im Zuge der sechsjährigen Amtszeit 2,134 Millionen. Zum Vergleich: Das monatliche Durchschnittseinkommen eines österreichischen Arbeitnehmers beträgt 2.160 Euro brutto, d.h. weniger als ein Zehntel – somit müsste er mehr als 70 Jahre arbeiten, um jene Gesamtsumme zu verdienen, die Van der Bellen binnen sechs Jahren – natürlich aus Steuergeldern – erhält. Und auch vor der Präsidentschaft nagte Van der Bellen als Universitätsprofessor, Abgeordneter und Klubobmann im Nationalrat wohl nicht gerade am Hungertuch.
Es gehört schon einiges an elitärer Abgehobenheit und ignoranter Frechheit dazu, wenn man als Spitzenverdiener erwartet, dass die teilweise darbende, von zunehmender finanzieller und sozialer Unsicherheit bedrohte Bevölkerung die spärlich gefüllten Geldbörsen für Van der Bellens Wahlkampf öffnet. Aber es werden sich schon auch ein paar reiche Unternehmer und Manager finden, die völlig selbstlos für das Wahlkampfbudget spenden – letztes Mal waren es u.a. Hans-Peter Haselsteiner und Gerhard Zeiler. Die Grünen hingegen, die 2016 noch 4,8 Millionen lockermachten, haben bislang für 2022 „nur“ 500.000 Euro zugesagt.
Indirekt weist Van der Bellens Schorrerei aber doch auf einen wichtigen Punkt hin: Normale Privatpersonen, die keine Spitzenverdiener oder Millionäre sind, oder Vertreter von kleinen Parteien können sich eine Präsidentschaftskandidatur kaum leisten – und wenn doch, dann nur mit einem Wahlkampf auf Sparflamme, der sodann chancenlos ist. Aber das ist natürlich auch der Sinn der gelenkten bürgerlichen „Demokratie“ im Rahmen des Kapitalismus, die für die Reichen, die Besserverdienenden und die politischen „Eliten“ reserviert ist und bleiben soll. Die arbeitende Bevölkerung wird hingegen nur als Stimmvieh angesehen, und mitunter will man ihr für die Wahlinszenierungen sogar noch Geld aus den Taschen ziehen – ein Sittenbild, das auch ein Systembild ist.
Quelle: ORF