Salzburg. Bei den jüngsten Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen in Salzburg hat sich ein bemerkenswertes politisches Szenario offenbart. Die SPÖ konnte sich trotz eines historisch niedrigen Ergebnisses als stärkste Partei behaupten, während die Liste „KPÖ Plus“ mit einem in Zahlen gemessen beeindruckenden Zugewinn aufwartete. Die ÖVP als bisherige Bürgermeisterpartei musste herbe Verluste einstecken und fand sich auf dem dritten Platz wieder. Dieses Wahlergebnis leitete eine bedeutende Verschiebung in der politischen Landschaft Salzburgs ein und führt nun zu einer bevorstehenden Stichwahl um das Bürgermeisteramt zwischen dem SPÖ-Kandidaten Bernhard Auinger und dem KPÖ-Plus-Kandidaten Kay-Michael Dankl.
Die SPÖ erreichte 25,6 Prozent der Stimmen, was trotz der Position als stärkste Kraft ihr schlechtestes Nachkriegsergebnis darstellt. KPÖ Plus übertraf mit 23,1 Prozent der Stimmen ihre Vorjahresergebnisse deutlich und zeigte damit eine bemerkenswerte Steigerung ihrer Wählerbasis, was teilweise als Fortsetzung ihres Aufstiegs bei der letzten Landtagswahl gesehen werden kann. Die ÖVP stürzte auf 20,8 Prozent ab, ein Ergebnis, das als eines ihrer schlechtesten in der Zweiten Republik gilt. Grüne und FPÖ folgten mit 12,7 bzw. 10,8 Prozent, wobei die Grünen trotz eines Stimmenrückgangs einen Stadtratssitz sichern konnten und die FPÖ leichte Gewinne verbuchte.
Doch das Abschneiden der KPÖ Plus sollte nicht überbewertet werden. Ihre Wahlerfolge könnten eher als Pyrrhussieg denn als echter Fortschritt gedeutet werden. Der Erfolg, inspiriert durch die gemäßigten politischen Ansätze der KPÖ in Graz, markiert eine abermalige Abkehr von der einst marxistisch-leninisten Ausrichtung der Partei. Die KPÖ, die früher für ihre kompromisslose Haltung zur radikalen Umgestaltung der Gesellschaft stand, scheint nun eine gänzlich sanfte, reformistische Route eingeschlagen zu haben. Durch diese Strategie mag die Partei zwar Wählerstimmen hinzugewinnen, doch entfernt sie sich gleichzeitig grundlegend von den Prinzipien, die eine kommunistische Partei verkörpert.
Die KPÖ, die ihre historischen Wurzeln im Kampf für eine sozialistische Revolution hat, wirkt heute eher wie eine Partei, die sich mit den Krümeln zufriedengibt, die vom Tisch der bürgerlichen Politik fallen. Ihr Wahlergebnis kann darüber auch nicht hinwegtäuschen. Statt das kapitalistische System herauszufordern, findet sie sich mit einer Rolle ab, in der sie innerhalb dieses Systems agiert, anstatt es stürzen zu wollen. Und damit einhergehend besteht die Gefahr, dass den Arbeiterinnen und Arbeitern verstärkt Sand in die Augen gestreut wird und dass Illusionen in die Reformierbarkeit des Kapitalismus wachsen. Illusionen, die nicht dauerhaft aufrecht erhalten werden können, und wenn diese schließlich platzen, wird das auch Konsequenzen für die Kommunistinnen und Kommunisten in Österreich haben, schließlich nennt sich die KPÖ noch immer „kommunistisch“. In Italien und Frankreich haben die ehemals großen kommunistischen Parteien (PCI und PCF) mit ihrer jahrzehntelangen sozialdemokratischen Politik nachhaltige Schäden verursacht. Jedenfalls – und das zeigte sich auch bei den KPÖ-Wahlerfolgen in Graz – bringt ein Erstarken der KPÖ die österreichische Arbeiterklasse keinen Schritt näher an eine sozialistische Gesellschaftsform.
Die Anpassung der KPÖ an das bestehende politische System mag zwar taktisch klug erscheinen, denn offenkundig können damit bürgerliche Wahlen gewonnen werden. Doch die Partei, die einst für ihre Entschlossenheit bekannt war, die Arbeiterklasse zu mobilisieren und für eine grundlegende gesellschaftliche Veränderung zu kämpfen, scheint offenkundig nur noch eine einzige Vision zu verfolgen – nämlich wählbar und politisch salonfähig zu bleiben. Leidenschaftliche Aufrufe zum Klassenkampf, eine unmissverständliche Kritik am Kapitalismus, eine visionäre Streitbarkeit für eine sozialistische Zukunft sucht man bei Kay-Michael Dankels und Elke Kahrs KPÖ vergebens.
Es soll der Partei vergönnt sein, dass sie über ihre Wahlergebnisse jubelt, aber um welchen Preis? Der Preis ist eine völlige Preisgabe von den marxistisch-leninistischen und revolutionären Idealen, die einst ihre raison d’être waren. Es ist mehr als bezeichnend, dass die KPÖ Plus in ihrer aktuellen Form weit davon entfernt zu sein scheint, eine Bedrohung für das kapitalistische System oder ein Katalysator für tiefgreifenden sozialen Wandel zu sein.
Die KPÖ Plus mag argumentieren, dass ihre pragmatischere Ausrichtung notwendig ist, um in der gegenwärtigen politischen Landschaft Erfolge zu erzielen. Doch was nützt es, Wahlen zu gewinnen, wenn man dabei die Prinzipien opfert, die diese Siege erst bedeutsam machen würden?
Quelle: ORF