HomeInternationalesNeue KI-Modelle wirbeln Techbörsen durcheinander

Neue KI-Modelle wirbeln Techbörsen durcheinander

Hangzhou. Ein Technologieunternehmen aus Hangzhou namens Deep Seek präsentierte gleich zwei neue KI-Anwendungen, die nicht nur Fachwelt und westliche Medien aufhorchen ließen, sondern auch für heftige Bewegungen an den Börsen sorgten.

Am Montag stellte Deep Seek ein neues Large Language Model (LLM), umgangssprachlich Chatbot, der Öffentlichkeit vor. Nur einen Tag später folgte mit „Janus-Pro“ die neueste Version einer Anwendung zur Erzeugung von Bildern, die sich laut Hersteller in Testläufen als leistungsstärker erweise als das bekannte „Dall‑E 3“ der US-Firma Open AI.

Dank der enormen Leistungen ihrer beiden KI-Produkte und ihres Open-Source-Ansatzes sorgte Deep Seek umgehend für Aufsehen – und für Kursrutsche bei zahlreichen Branchenriesen. In Chipherstellerkreisen war vor allem Nvidia betroffen: Der Aktienwert tauchte zunächst um 17 Prozent ab, ehe am Dienstag eine leichte Gegenbewegung mit plus fünf bis sechs Prozent vermeldet wurde.

Die Entscheidung, KI-Anwendungen der Öffentlichkeit als Open-Source zur Verfügung zu stellen, erwischte manche Big Player anscheinend auf dem falschen Fuß. Denn gerade Tech-Konzerne wie Alphabet (Google), Microsoft oder diverse Hardwarehersteller wie Broadcomm und eben Nvidia hatten zuvor hohe Investitionssummen in vergleichbare KI-Lösungen und Rechenzentrumsinfrastrukturen gesteckt – in der Hoffnung, eine Vormachtstellung am hart umkämpften KI-Markt zu erlangen.

Nvidia verlor laut Reuters zeitweise über 563 Milliarden Euro an Börsenwert, bevor das Papier sich etwas erholte. Siemens Energy traf es ebenfalls: Der Konzern musste einen Wertverlust von 18 Prozent verkraften. Im japanischen Markt gab es unterdessen ebenfalls deutliche Spekulationsverluste. Der Konzern Advantest, Hersteller von Chiptestgeräten und Zulieferer für Nvidia, büßte an zwei aufeinanderfolgenden Tagen insgesamt fast 20 Prozent ein.

Hinter diesen Kurskapriolen steht die Tatsache, dass KI-Modelle enorme Rechenleistung verschlingen. Sie benötigen Hightechchips und gigantische Rechenzentren, die wiederum Unmengen an Elektrizität benötigen. Bisher hofften Kapitalanleger darauf, dass Giganten wie Nvidia diesen Bedarf quasi monopolartig bedienen würden. Doch der sprunghafte Erfolg von Deep Seek, das eigenen Angaben zufolge Chips mit geringer Kapazität zu vergleichsweise niedrigen Kosten einsetzt, rüttelt an diesen Annahmen.

Auch das Spekulationskarussell um neue Mega-Investitionen dreht sich weiter: Project Stargate, das 500 Milliarden US-Dollar Privatkapital in US-Bundesstaat Texas bündeln soll, stellt sich als ambitioniertes Vorhaben von US-Regierung und einer ganzen Allianz aus Techunternehmen, Fonds und Staatsfonds (u. a. Oracle, Softbank, MGX, Nvidia) dar. Ziel: Der Bau riesiger KI-Rechenzentren, die zunächst offenbar der Open-AI-Entwicklung zugutekommen sollen.

Während westliche Börsianer noch die massiven Kurseinbrüche verarbeiten, machen die jungen Entwicklerinnen und Entwickler von Deep Seek erst einmal eine Pause: Laut South China Morning Post verabschiedete sich das Team in den Neujahrsurlaub – und ist sichtlich überrascht vom weltweiten Echo auf seine kostengünstigen, Open-Source-freundlichen KI-Lösungen.

„Viele der jungen Beschäftigten hätten nicht erwartet, welche Wellen die Veröffentlichung schlagen würde“, zitiert die Zeitung. Tatsächlich wirken die neuen Modelle in mehrfacher Hinsicht auf die Marktdynamik: Zum einen stellen sie einen hohen technischen Standard bei zugleich geringerem Ressourceneinsatz unter Beweis. Zum anderen sorgen sie für Verunsicherung bei westlichen Konzernen, die bisher auf teure, proprietäre Lösungen setzten.

Noch ist unklar, wie sich die Marktentwicklung bei KI-Anwendungen mittelfristig gestalten wird. Klar ist jedoch, dass die Rivalität zwischen US-amerikanischen Tech-Riesen und aufstrebenden Unternehmen aus China wie Deep Seek zunimmt. Ob die sogenannten „Kurskorrekturen“ noch weitergehen, wird auch davon abhängen, ob weitere Open-Source-Initiativen aus der Volksrepublik auf den Plan treten und wie sehr diese die aktuellen Geschäftsmodelle der westlichen IT-Giganten gefährden.

Quelle: junge Welt

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