Der heutige 23. Februar markiert den 125. Geburtstag von Erich Kästner (1899–1974). Er ist zwar der breiten Masse vor allem für seine Kinderbücher bekannt, doch Kästners Werk umfasste auch ernsthafte Literatur, Lyrik, Essays, Bühnenarbeiten, Drehbücher und Kabaretttexte, die oft für die Unterdrückten und Entrechteten Partei ergreifen und die Herrschenden entlarven. Obwohl seine Werke von den Nazis bei den Bücherverbrennungen prominent in Visier genommen wurden, entschied sich Kästner 1933, in Deutschland zu bleiben. Seine Arbeits- und Publikationsmöglichkeiten wurden massiv eingeschränkt, instrumentalisieren ließ sich Kästner, der aus einem sozialdemokratischen Elternhaus stammte, natürlich nicht: Er war ein deklarierter und entschiedener Antifaschist. Daneben galt dem Frieden sein politisches Hauptanliegen, er engagierte sich nach dem Zweiten Weltkrieg gegen die Wiederbewaffnung der BRD und gegen die Verbreitung der Atombombe. – Wir bringen zum 125. Geburtstag ein besonders eindrucksvolles „pazifistisches“ Gedicht von Erich Kästner, das – leider – auch gut ins Jahr 2024 passt.
Erich Kästner: Fantasie von Übermorgen (1929)
Und als der nächste Krieg begann,
da sagten die Frauen: Nein!
und schlossen Bruder, Sohn und Mann
fest in der Wohnung ein.
Dann zogen sie in jedem Land,
wohl vor des Hauptmanns Haus
und hielten Stöcke in der Hand
und holten die Kerle heraus.
Sie legten jeden übers Knie,
der diesen Krieg befahl:
die Herren der Bank und Industrie,
den Minister und General.
Da brach so mancher Stock entzwei.
Und manches Großmaul schwieg.
In allen Ländern gab’s Geschrei,
und nirgends gab es Krieg.
Die Frauen gingen dann wieder nach Haus,
zum Bruder und Sohn und Mann,
und sagten ihnen, der Krieg sei aus!
Die Männer starrten zum Fenster hinaus
und sahen die Frauen nicht an…
Quelle: Lyrik für Puristen (YouTube)