Jüdinnen und Juden, die nicht mit dem genozidalen israelischen Siedlerstaat und dessen Politik einverstanden sind, gehen an die Öffentlichkeit. Gemeinsam mit Expertinnen und Experten, Aktivistinnen und Aktivisten für Palästina führten sie vom 13. bis zum 15. Juni in Wien den ersten jüdisch-antizionistischen Kongress durch.
Wien. Mit einer „Jüdischen Antizionistischen Erklärung“ wurde eine international besetzte Konferenz in Wien eingeleitet, die sich als gegen die Vereinnahmung „des Judentums“ durch zionistische Akteure und die israelische Kolonialpolitik wendet. Die Veranstaltung fand in einer privaten – von öffentlichen Geldgebern unabhängigen – Location in Wien-Favoriten statt. Erfahrungen mit pro-palästinensischen Kongressen aus den Vorjahren zeigen, dass es auch in Österreich mittlerweile sehr schwierig ist, geeignete Räumlichkeiten zu finden.
„Die zionistische siedlerkolonialistische Entität verweigert den Palästinenser:innen selbst die grundlegendsten Rechte. Der Zionismus ist seit über acht Jahrzehnten verantwortlich für Kolonialismus, Apartheid, ethnische Säuberung und Völkermord im Westjordanland und im Gazastreifen. Vierzehn Millionen Palästinenser:innen weltweit sind die direkten Betroffenen. Den von ihm begangenen Gräueltaten entgegnen wir mit Nachdruck: ‚Nicht in unserem Namen!‘ Wir sind entschlossen, gemeinsam mit unseren palästinensischen Partner:innen den Zionismus zu beenden und Palästina zu dekolonisieren!“ heisst es in einem Aufruf zum Kongress.
International höchkarätig besetzte Podien
Mit international hochkarätig besetzten Podien diskutierten hunderte Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Anti-Zionismus-Kongresses in Wien drei Tage lang über den Genozid an der Bevölkerung Palästinas, über Widerstand in allen Teilen der Welt und über Perspektiven für die Zukunft. Hervorgehoben wurde von mehreren Rednerinnen und Rednern die wichtigte Rolle, die couragierte Dockarbeiter in Italien und Frankreich, aber auch Flughafenangestellte dabei leisten, Waffenlieferungen an das israelische Apartheid-Regime zu verhindern oder wenigstens aufzudecken.
Unter den Vortragenden befand sich auch Francesca Albanese, seit Mai 2022 UN-Sonderberichterstatterin für die Menschenrechtssituation in den seit 1967 besetzten palästinensischen Gebieten und mutige Aufdeckerin der Verbrechen des israelischen Staatsterrorismus. Ilan Pappé, der israelische Historiker und Autor zahlreicher Bücher gehörte ebenso zu den ReferentInnen, wie der Journalist und Herausgeber der „Palästina-Chronik“, Ramzy Baroud, oder die ägyptische Journalistin Rahma Zein. Die Autorin und Filmemacherin Kathie Halper reiste aus New York an, Professor Haim Bresheeth-Žabne aus London, Professor Yakov Rabkin, emeritierter Professor für Geschichte an der Université de Montréal sprach online zur Konferenz. Dies ist nur eine kleine Auswahl der Vortragenden aus aller Welt.
Die österreichischen InitiatorInnen des Kongresses veröffentlichten eine „Wiener Erklärung“ in der sie bekannt gaben, dass sie sich als Jüdinnen und Juden von der israelitischen Kultusgemeinde, „die behauptet, alle Jüd:innen in Österreich zu repräsentieren, und die jedes Vorgehen Israels uneingeschränkt unterstützt“ nicht vertreten fühlen. „Wir, die Unterzeichnenden, fordern die Politik, die Medien sowie die staatlichen Institutionen in Österreich auf, endlich die Vielfalt der Meinungen unter der jüdischen Bevölkerung dieses Landes und weltweit zur Kenntnis zu nehmen, anzuerkennen und dieser einen Platz im öffentlichen Diskurs zu geben“ fordern sie. Das Totschweigen dieses hochkatätig besetzten internationalen Kongresses in den Mainstream-Medien zeigt, dass es noch ein langer Weg dorthin ist. Der Kongress soll auch 2026 stattfinden, als Ort wird Irland ins Auge gefasst.