Chefs üben vermehrt verbal oder schriftlich Druck auf ihre Untergebenen aus was den Urlaub betrifft. Die Arbeiterkammer Salzburg verzeichnet mehrere hundert Anfragen von besorgten Arbeiterinnen und Arbeitern pro Woche.
Laut Außenministerium gelten für 32 Länder der Welt Reisewarnungen der Stufe fünf oder sechs (höchste Stufe). Für die restlichen Länder gilt die Warnstufe vier. In diese Kategorie fallen z.B. Frankreich, Spanien, der Großteil Italiens und auch die BRD. Für diese Länder sind die Grenzen geöffnet. Werden die vom jeweiligen Land verordneten Abstandsregeln und Maskenpflichten eingehalten, haben Menschen keine rechtlichen Konsequenzen von ihren Chefs zu befürchten.
Arbeiterkammer in der Vermittlerrolle
Anfragen von verunsicherten Arbeiterinnen und Arbeitern haben seit Ende Juni deutlich zugenommen, die Arbeiterkammer spricht von mehreren hundert Anfragen in der Woche. Nicht selten wird damit gedroht, im Fall einer Infektion oder angeordneter Quarantäne die Entgeltfortzahlung zu streichen. Der Präsident der Salzburger AK Peter Eder ließ verlauten: „Von einigen Betrieben haben wir den Nachweis schriftlich, von anderen mündlich durch die Anfragen, die wir in unseren Abteilungen haben. Wir rufen die Arbeitgeber auf, hier vorsichtiger damit umzugehen, diese Einschüchterungen haben wenig Sinn.“ Eine Erläuterung, warum Einschüchterungen am Arbeitsplatz keinen Sinn ergeben, wenn sich daraus sowieso keine handfesten Konsequenzen für den jeweiligen Chef entwickeln, bleibt uns der Präsident der Arbeiterkammer schuldig.
Im Interview mit dem ORF gibt sich Eder nämlich gekonnt vermittelnd, der Ausgangspunkt seiner Überlegungen ist ein vermeintliches Gespräch auf Augenhöhe zwischen Arbeiter und Kapitalist. Er appelliert an nichts weniger als die gegenseitige Fairness: „Derzeit bitte ich alle Arbeitgeber fair mit ihren Arbeitnehmern umzugehen, denn die Arbeitnehmer haben gezeigt, welche Betriebstreue sie haben, welch verantwortungsbewusstes Umgehen sie auch in diesen Corona-Zeiten haben.“ Da sich die Arbeiterinnen und Arbeiter ja loyal gezeigt hätten, könnten sich die Chefs durchaus einen Ruck geben und auch einmal fair sein, „[…] weil wir alle kennen den Druck, der aufgebaut wird, wenn es um die Angst des Verlustes des Arbeitsplatzes geht. Hier geht es um faires Miteinander, das wird in vielen Betrieben auch so gelebt, aber es gibt leider immer wieder Betriebe, die sich eines Besseren belehren lassen müssen, weil sie von sich aus nicht drauf kommen.“ Inmitten der Wolke warmer Luft erhebt sich aber schließlich doch eine einigermaßen klare Aussage. Auf die Frage der Reporterin hin, ob der Arbeitgeber überhaupt verlangen dürfe, dass man nicht ins Ausland fährt, antwortet Eder: „Reisefreiheit gehört zu den persönlichen Freiheiten. Der Arbeitgeber hat kein Recht, dass er den Arbeitnehmer verpflichtet, ihm zu sagen, was der im Urlaub tut, wohin er in Urlaub fährt. Das ist persönliche Freiheit, das ist die Reisefreiheit – hier ist der Arbeitnehmer nicht verpflichtet.“
Ein Herz und eine Seele
Die Philosophie der Sozialpartnerschaft hat die Illusion genährt, ein Gespräch auf Augenhöhe zwischen den Klassen sei möglich. Im Subtext aber wird nur Ohnmacht und Schwäche kommuniziert. Im Klartext stehen die Werktätigen alleine da, wenn der Chef nicht Lust hat, fair zu spielen. Das Kapital hingegen müsse man manchmal eben „eines Besseren belehren“, „weil sie von sich aus nicht drauf kommen“. Und Eder raunt ihnen deshalb beruhigende Worte zu: „[…] auch die Arbeitgeber müssen nicht Angst haben, denn die Arbeitnehmer haben bewiesen, ganz Österreich hat bewiesen: Wenn es um Problemlösungen geht, dann halten wir zusammen und sind sehr verantwortungsbewusst.“ An die Stelle des unüberwindbaren Klassengegensatzes tritt also der wohltuende Populismus des sogenannten Team Österreich.
Quelle: ORF