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Gemeinwesen oder Selbstbedienungsladen?

Kommentar von Otto Bruckner, stellvertretender Vorsitzender der Partei der Arbeit Österreichs (PdA)

„Politik bedeutet ein starkes langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich“, beschrieb der Soziologe Max Weber den Idealtypus des bürgerlichen Berufspolitikers. Niemanden verwundert heute, dass diese Idealvorstellung wenig bis nichts mit der Realität zu tun hat. 

Offenbarte die Kurz-Buberlpartie, dass sie in ihrer aufgeblasenen Selbsterhöhung meinte, den Staat als politische und persönliche Inszenierungsmaschinerie verwenden zu können, zeigt sich in Graz die übliche Abzocker-Mentalität der selbsternannten „Partei des kleinen Mannes“. Es ist ja schließlich nicht das erste Mal, dass FPÖ-Politiker über die eigene Gier stolpern.

Ein Grazer Vizebürgermeister verdient etwa 12.000 Euro brutto, vierzehn mal im Jahr. Eine Gage, von der der noch amtierende FPÖ-Politiker Mario Eustacchio offenbar nicht leben konnte, denn er musste sich von seiner Partei noch Extra-Vergütungen auszahlen lassen, wie sich herausstellt. Ebenso dürfte es seinem Klubobmann im Gemeinderat, Armin Sippel, ergangen sein. Seine Gage von 4.200 brutto war ihm offenbar zu wenig. Wie es aussieht, wurden die Extrazuckerln auch noch aus öffentlichen Mitteln finanziert.

Die Frau des gefallenen Ex-FPÖ-Chefs, Philippa Strache, sitzt übrigens auf einem „wilden Mandat“, das sie der FPÖ nach der Wahl quasi „gestohlen“ hat, im Nationalrat. Haben sie irgendwetwas von den Aktivitäten der Frau Abgeordneten Strache gehört oder gelesen? Wir nicht. Sie bekommt aber, ebenso wie alle anderen 182 Abgeordneten 9.200.- Euro brutto im Monat, schließlich muss ja der üppige Lebensstil der Straches finanziert werden.

In derselben Stadt Graz, in der es nun die Rücktritte der FPÖ-Spitze nach dem Bekanntwerden ihrer Extragagen gibt, wird – wie es aussieht – bald eine Bürgermeisterin amtieren, die ein diametral entgegengesetztes Amtsverständnis hat. Die KPÖ-Politikerin Elke Kahr hat bisher von ihrer Stadtratsgage von etwa 11.000 Euro brutto ledliglich einen Nettobetrag von 1.900 Euro für sich behalten und den Rest sozialen Zwecken zur Verfügung gestellt. Es ist anzunehmen, dass sie es mit ihrem künftigen Bürgermeisterinnen-Gehalt von 14.300 brutto nicht anders halten wird.

Was die Grazer KP macht, ist, ihre eigenen Politikerinnen und Politiker am Boden zu halten, sie nicht in Einkommenssphären entschwinden zu lassen, in denen sie sich nicht mehr vorstellen können, wie einfache Menschen leben. Dieses wichtige Prinzip gehört auch zu den selbstverständlichen Regeln der Herausgeberin dieser Zeitung, der Partei der Arbeit (PdA).

Die neoliberale Volksverblödung der letzten Jahrzehnte hat bei vielen Menschen zum Glauben geführt, der Staat wäre eine Aktiengesellschaft, die von Politikern möglichst profitträchtig geführt werden sollte. Im Kapitalismus ist der Staat jedoch in erster Linie das Werkzeug des Kapitals zur Sicherung der Profite. Er sollte aber auch in der Lage sein, die wichtigsten Lebensbedürfnisse der Menschen, wichtige Infrastruktur wie Gesundheitsversorgung, Schulen und Universitäten, Straßen und Schienen sicherzustellen. Das Spitzenpersonal des Kapitals ist dazu immer weniger willens und in der Lage. Es besteht zu einem Gutteil aus geltungssüchtigen Emporkömmlingen. 

Ihre sogenannte Legitimation beziehen sie aus Wahlen, deren Ausgang mit der Macht der von ihnen üppig finanzierten Massenmedien in die „richtige“ Richtung gelenkt wird, und an denen immer weniger Menschen teilnehmen bzw. teilnehmen dürfen. In Graz zum Beispiel sank die Wahlbeteiligung zuletzt unter 50 Prozent.

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