Nach 35 Jahren wird ein eindringliches friedenspolitisches Mahnmal bei den Vereinten Nationen abgehängt – man möchte hoffen, dass dies kein schlechtes Omen ist.
New York. Seit 1985 hing im Foyer des UNO-Gebäudes in New York, direkt beim Eingang zum Sitzungssaal des Sicherheitsrates, ein weltberühmtes Kunstwerk: „Guernica“, die eindrucksvolle Arbeit Pablo Picassos über die faschistische Zerstörung der baskischen Stadt Gernika. Diese war am 26. April 1937 durch ein deutsch-italienisches Bombardement in Unterstützung des Putschisten Franco erfolgt. Picasso als Republikaner und Kommunist bannte die Geschehnisse, z.T. in sinnbildlicher Form, im Mai und Juni desselben Jahres auf eine 3,5 mal 7,8 Meter große Leinwand. Freilich handelte es sich in New York nicht um das Original, denn dieses befindet sich seit 1981 in Madrid und kann aufgrund des schlechten Zustandes nicht bewegt werden. Im Jahr 1955 ließ Nelson Rockefeller jedoch von einer französischen Künstlerin eine in der Farbgestaltung etwas abweichende, aber in der Größe entsprechende Replik in Form eines Wandteppichs anfertigen, die eben 1985 als Leihgabe zu den Vereinten Nationen übersiedelte – an prominente Stelle und als passendes permanentes Mahnmal für die ein- und ausgehenden Politiker.
Nun entschieden die Rockefeller-Erben, das Bild abzuziehen. Damit verschwindet „Guernica“ aus dem Hauptquartier der Vereinten Nationen nach 35 Jahren, zwischenzeitlich war dies nur ab 2009 für einige Jahre der Fall, als im Zuge von Renovierungsarbeiten in New York eine Leihgabe an Museen in London und San Antonio erfolgte. Davor hatte man das Bild jedoch einmal verhängt, mit einer UN-Fahne, nämlich am 5. Februar 2003, als Colin Powell im Foyer eine Pressekonferenz abhielt, bei der er die gefälschten Beweise über irakische Massenvernichtungswaffen präsentierte – um den US-Angriffskrieg zu „begründen“. Dass der mahnende Wandteppich jetzt nachhaltig aus dem UNO-Gebäude verschwindet, möchte man insofern fast als unheilvolles Omen werten: Womöglich möchten die politischen Proponenten und Apologeten des Imperialismus bei ihren Auftritten vor den Vereinten Nationen nicht mehr bildlich darauf hingewiesen werden, welche Verbrechen Krieg, Militarismus, Imperialismus und Faschismus darstellen. Dann lassen sich die Kriegstreiberei und die potenziell kommenden großen Kriege – gegen den Iran, gegen Russland, gegen China – wohl leichter rechtfertigen. Was hat schon ein globales Friedenssymbol vor dem UNO-Sicherheitsrat zu suchen?
Quelle: ORF