Ein Gefangener musste drei Tage in einer Zelle mit kaputter Toilette, Ameisenplage, ungewaschenem Geschirr und schrecklicher Hitze ausharren. Er war schon vorher selbstmordgefährdet.
Rom. Eine erschreckende Entdeckung mussten die nationalen Garantinnen für die Rechte von inhaftierten Personen machen, als sie dem römischen Gefängnis Regina Coeli einen Überraschungsbesuch abstatteten. Dort angekommen, fanden sie in der Sektion VII das Zimmer Nummer 1 in einem erschreckenden Zustand vor. Wir zitieren aus dem Bericht der Garantinnen Daniela de Robert und Emilia Rossi:
„Während des Besuchs konstatierte die Delegation, dass sich das Zimmer Nummer 1 in einem Zustand völligen Bauverfalls, mangelnder Hygiene und absolut gesundheitsschädlicher Bedingungen befand. Ein Zustand, der es einer Person nicht erlaubt, zu bleiben, ohne ihre Würde und Gesundheit ernsthaft zu verletzen.“
Beim Eintritt in die Gefängniszelle wurden die Garantinnen sogleich mit den dort herrschenden unerträglichen Temperaturen konfrontiert. Der Gefängnisinsasse musste darin mit einem kaputten Toilettenabfluss, einem verstopften Waschbecken und mit einem versiegelten Fenster hausen, das keinen Luftdurchlass zuließ. Die Zelle zierten außerdem eine verdreckt-feuchte Matratze, seit Tagen benutztes Geschirr und, damit einhergehend, eine akuter werdende Ameisenplage. Der Häftling war zudem gerade in diese Zelle versetzt worden, da er vorher schon selbstmordgefährdet war. Für diese Gefängniszelle wäre eigentlich ein höherer Beaufsichtigungsgrad vorgesehen gewesen.
Die Auflistung der Garantinnen bei der Sichtung des Zimmers Nummer 1 lautet wie folgt (Personen mit schwachem Magen sollten diesen Teil überspringen):
- „ die Versiegelung des einzigen vorhandenen Fensters, was zu einem fehlenden Luftdurchlass führt, was in der gegenwärtigen heißen Jahreszeit zu einer objektiv unerträglichen Temperatur führt […];
- die seit Tagen nicht funktionierende Toilettenspülung, die neben den offensichtlichen hygienischen Folgen dazu führt, dass der Bewohner des Zimmers das Wasser aus dem Waschbecken für die notwendige Spülung der Toilette verwenden muss, indem er es – wie der Delegation gesagt wurde – mit gebrauchten Plastiktellern von den Mahlzeiten umfüllt;
- der nicht funktionierende Abfluss des Waschbeckens, das mit Schmutzwasser gefüllt war;
- die Matratze der am Boden befestigten Liege – das einzige Möbelstück im Zimmer, in dem auch ein kleiner Tisch und ein Hocker zum Essen fehlten – war zerrissen, abgenutzt und schmutzig;
- das Fehlen von Bettzeug für das Bett […]. Um sich selbst ein Mindestmaß an Schutz vor dem Schmutz und dem ungesunden Zustand der Matratze zu verschaffen, hatte der Häftling die Matratze teilweise mit Zeitungspapier abgedeckt;
- das Vorhandensein einer Ameisenkolonne über der Toilette und Ameisen, die im Raum verstreut sind;
- die Wände sind mit verschiedenen Flecken, auch organischen, beschmiert;
- die Böden der Toilette und des Zimmers, auf denen unter anderem die Teller der eingenommenen Mahlzeit standen – in Ermangelung irgendeiner Unterlage – waren mit Schmutz bedeckt, der sich offensichtlich im Laufe der Zeit angesammelt hatte.“
Ein systematisch übersehenes Problem
Für die Garantinnen wurden unter diesen Umständen recht eindeutig Menschenrechte verletzt. Daher rührte auch die Entscheidung, die Staatsanwaltschaft Rom über die brutalen Vorgänge zu informieren.
Die Zelle wurde daraufhin „unverzüglich einer Sanierung unterzogen“, schrieb der stellvertretende Leiter der Abteilung für Strafvollzugsverwaltung, Carmelo Cantone, in einem Brief an die nationalen Garanten für die Rechte von inhaftierten Personen. Es folgten weitere Rechtfertigungen:
„Der Grund für die unangenehmen Beobachtungen während des Besuchs am 18. Juli ist sicherlich die Schwierigkeit der Institutsleitung, jedem Notfall einen geeigneten Raum zuzuweisen“, schrieb Cantone darin. Er erklärte außerdem, dass die Anzahl der zu behandelnden Fälle oft größer sei als die Verfügbarkeit geeigneter Räume, was zwar „die von den Garanten vorgefundenen Bedingungen nicht rechtfertigen kann“, aber zumindest „die Schwierigkeiten des Instituts verständlich macht.“
Italien hat aber schon lange den Ruf, die schlechtesten Gefängnisbedingungen ganz Europas aufzuweisen. Immer wieder dringen Schreckensnachrichten über menschenunwürdige Umstände oder aber auch über unaussprechliche Misshandlungen der Gefängnisinsassen nach außen – immer wieder werden Besserung versprochen und kleine Anpassungen kosmetischer Natur angebracht. Doch seit Jahren leiden die italienischen Gefängnisse unter einer drastischen Überfüllung. Die Wärter wissen schlichtweg nicht mehr wohin mit den Häftlingen. Würden Garantinnen und Garanten keine Überraschungsbesuche abstatten, kämen diese Zustände auch gar nicht erst ans Tageslicht.
Quellen: ANSA / OriginaldokumentGaranten