Die vierte Verhandlungsrunde über den Kollektivvertrag der chemischen Industrie musste abgebrochen werden, da die Industriellen lediglich eine Anpassung an die Inflation anbieten und nicht von der Stelle rücken. „Das hat nichts mit sozialpartnerschaftlicher Verhandlungskultur auf Augenhöhe zu tun, sondern ist der Versuch, vollendete Tatsachen zu diktieren. Wir werden jetzt die Beschäftigten informieren und weitere Aktionen auf betrieblicher Ebene bis hin zum Streik durchführen“, heißt es vonseiten der Gewerkschaft. Auffällig ist, dass beide Seiten in einem unterschiedlichen, aber durchwegs positiven Sinne von Solidarität zwischen Beschäftigten und Betrieben sprechen. Etwas klarere Worte scheinen jedoch bei den Wirtschaftsvertretern durch, wenn sie Klassenkampf wittern, anstatt wie die Gewerkschafter die Illusion einer „sozialpartnerschaftlichen Verhandlungskultur auf Augenhöhe“ zu bemühen. Denn tatsächlich: Es herrscht Klassenkampf zwischen Arbeiterklasse und Kapitalistenklasse, jedoch verhelfen die vermeintlichen Vertreter der Arbeiterklasse unter dem Deckmantel der „Sozialpartnerschaft“ den Interessen der Kapitalisten zum Durchbruch.
Die Wirtschaftsvertreter verweisen dabei auf die KV-Abschlüsse in anderen Branchen, in denen die Gewerkschaftsvertreter bereits eingeknickt sind und sich mit minimalen Lohnerhöhungen und Einmalzahlungen zufrieden gegeben haben. Das veranschaulicht, welche Signalwirkung KV-Abschlüsse auch für branchenferne Verhandlungen haben. Umso wichtiger wird sein, dass die ArbeiterInnen und Angestellten der chemischen Industrie tatsächlich den Arbeitskampf aufnehmen, in Streik treten und so eine angemessene Lohnerhöhung durchsetzen.