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Was ist noch übrig von Österreichs Neutralität?

Kommentar von Otto Bruckner, stellvertretender Vorsitzender der Partei der Arbeit Österreichs (PdA)

Laut einer Umfrage im Auftrag des ÖVP-nahen Onlinemediums „exxpress“ wünschen sich 84 Prozent der Befragten, dass Österreich weiterhin ein neutrales Land bleibt. Abgesehen von den NEOS gibt es derzeit ohnehin keine politischen Kräfte, die öffentlich die Abschaffung der Neutralität propagieren. Es ist aber trotzdem nicht mehr viel übrig von unserer Neutralität. Sie bedeutet hauptsächlich, dass wir nicht Mitglied des Kriegsbündnisses NATO sind. Aber auch diesbezüglich wird schon seit Jahrzehnten das Neutralitätsgebot unterlaufen. Das Bundesheer gab im Kalten Krieg die Erkenntnisse des Horchpostens Königswarte an die NATO weiter. Heutzutage gibt es eine Vielzahl von Punkten, in denen mit den NATO-Strukturen oder einzelnen NATO-Armeen wie der deutschen Bundeswehr zusammengearbeitet wird. Das alles, wird uns erklärt, sei problemlos mit dem neutralen Status Österreichs vereinbar.

Im Unterschied zur finnischen, schwedischen oder der Schweizer Neutralität, die aus freien Stücke gewählt wurde, ist die österreichische Produkt einer Nachkriegsordnung und von den vier Signatarmächten des Staatsvertrages auferlegt worden, wobei vor allem die Sowjetunion, die die größten Opfer zur Zerschlagung des Hitler-Faschismus erbringen musste, darauf bestand. Die Neutralität entstand als Lehre aus der tiefen Verstrickung Österreichs in die Verbrechen des NS-Regimes. Vor allem sollte Österreich kein Teil einer aggressiven Großmacht mehr werden können. Dafür wurde extra das Anschlussverbot an Deutschland festgelegt. Definitiv ist von den vier Signatarmächten Österreich auch auferlegt worden, keine Stützpunkte fremder Armeen auf seinem Staatsgebiet zuzulassen.

Seit dem EU-Beitritt Österreichs, der ja streng genommen auch schon ein Verstoß gegen die Neutralität war, wird der Begriff immer mehr zur hohlen Phrase degradiert. Wir sind Teil der EU-Armee, wir sind an die Beschlüsse der EU-Gremien gebunden und nur mehr in wenigen Angelegenheiten ein souveräner Staat.

Österreich liebt aber den Selbstbetrug und so wird auch in diesem Fall der Schein gewahrt, wir wären noch neutral, obwohl wir es längst nicht mehr sind. Das führt auch der Ukraine-Krieg vor Augen, wo der Großteil der österreichischen Politiker und die Mainstream-Medien musterschülerhaft und oft in peinlicher und dümmlicher Manier die gesamte Propaganda nachplappern, die aus den USA, von der EU oder aus der Ukraine kommt. Zumindest ist man (noch) nicht so dreist, uns erklären zu wollen, dass auch Waffenlieferungen an ein kriegführendes Land mit der Neutralität vereinbar sind. Oder doch? Österreich liefert zwar direkt keine Waffen an Kiew, ist aber als Mitglied der EU sehr wohl Waffenlieferant. Die Waffen, die von der EU an die Ukraine geliefert werden, werden ebenso mit Geld aus den österreichischen EU-Beiträgen gekauft, wie aus denen aller anderen EU-Mitgliedsstaaten. Man hat diesbezüglich das Feigenblatt einer „konstruktiven Enthaltung“ gefunden, wenn in EU-Gremien über Waffenlieferungen abgestimmt wird, aber das ist vollkommen bedeutungslos. Wir zahlen mit und sind damit streng genommen auch Kriegspartei. 

Den Österreicherinnen und Österreichern ist es aber wichtig, dass zumindest diese Schein-Neutralität erhalten bleibt. Oder sie wollen gar nicht so genau wissen, wie weit sie schon ausgehöhlt ist. 

BILDQUELLEPxhere/CC0
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