Der Verfassungsgerichtshof erklärt die 17 Jahre lange Übergangsfrist bis zur vollständigen Abschaffung von Vollspaltenböden in der Schweinezucht für unzulässig. Die Bundesregierung hatte damit die Profitinteressen unverhältnismäßig über das Tierwohl gestellt.
Wien. Der österreichische Verfassungsgerichtshof hat heute das von den Regierungsparteien ÖVP und Grüne 2022 beschlossene Verbot von Vollspaltenböden in der Schweinehaltung gekippt – bzw., um genau zu sein: die lange Übergangsfrist bis 2040. Dieser Zeitraum, der für bereits bestehende Betriebe gilt, sei sachlich nicht zu rechtfertigen, heißt es seitens der Verfassungsrichterschaft. Die entsprechende Bestimmung des Tierschutzgesetzes wird somit per 1. Juni 2025 aufgehoben.
Die Bundesregierung muss nun also die fragliche Gesetzesbestimmung „reparieren“, um Verfassungsmäßigkeit herzustellen. Das sofortige Verbot (ab 2023) für Neuanlagen wird hierbei bestehen können, die überlange Übergangsfrist für bestehende Anlagen muss deutlich verringert werden. Der VfGH ist der Ansicht, dass die Abwägung der Bundesregierung zwischen Investitions- und Tierschutz zuungunsten des letzteren in diesem Ausmaß unhaltbar ist – ein Gedanke, den wohl auch jeder andere vernunftbegabte Mensch schon bei der Kundmachung der Bestimmung hatte.
Es ist also ein guter Tag für den Tierschutz. Der VfGH stellte letztlich fest, dass ÖVP und Grüne die landwirtschaftlichen Profitinteressen ungebührlich und unzulässig über das Tierwohl gestellt haben. Hauptverantwortlich hierfür mögen der ÖVP-Bauern- und ‑Wirtschaftsbund gewesen sein, doch die Grünen haben – wieder einmal – den prinzipienlosen Steigbügelhalter gemacht. Wenn’s um Regierungsposten geht, sind die Grünen keine Tierschutzpartei.
Das vollständige Vollspaltenbodenverbot muss nun so rasch wie möglich umgesetzt werden. Damit wäre ein wichtiger Schritt genommen, doch in der Schweinebranche keineswegs alles paletti – im Gegenteil: Weitere Fragen – z.B. der Platzbedarf oder die Menge des Stroheinstreus pro Schwein – wurden vom VfGH leider nicht behandelt.
Quelle: Der Standard