Foodora erhöht die Löhne seiner festangestellten und freiberuflichen Mitarbeiter ab dem 1. August um 5,8 Prozent, obwohl die KV-Verhandlungen noch nicht abgeschlossen sind. Dadurch will man der Gewerkschaft in einem besonders unterbezahlten Bereich den Wind aus den Segeln nehmen. In Österreich gibt es rund 4.500 Fahrradlieferanten, von denen viele bei Lieferando nach Kollektivvertrag angestellt sind, während Foodora und Wolt hauptsächlich freie Dienstnehmer oder Selbstständige beschäftigen.
Wien. Ein durchschaubares Manöver: Der Essenslieferdienst Foodora erhöht die Löhne seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab dem 1. August um 5,8 Prozent, obwohl der Kollektivvertragsstreit weiterhin ungelöst ist. Diese Lohnerhöhung soll sowohl festangestellte als auch freiberufliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betreffen. Die ursprüngliche Forderung der Gewerkschaft wird damit untergraben.
Gewerkschaft fordert 8,7 Prozent
Sowohl die derzeit angestellten Fahrer, die fünf Prozent der insgesamt 3.000 Fahrerinnen und Fahrer ausmachen, als auch die freiberuflichen Fahrer erhalten eine Gehaltserhöhung von 5,8 Prozent. Die Gewerkschaft fordert jedoch eine Erhöhung von 8,7 Prozent. Die Verhandlungen über den Kollektivvertrag (KV) sind noch nicht abgeschlossen. Zuletzt gab es wiederholt Warnstreiks von Fahrradkurieren, beispielsweise während der Fußball-EM. Ein neuer Termin für die Verhandlungen steht derzeit noch aus.
Alexander Gaied, verantwortlich für das operative Geschäft von Foodora in Österreich, wurde in einer Aussendung am Montag zitiert, dass man die Mitarbeiter bereits jetzt „entlasten“ wolle und nicht erst auf den Ausgang der KV-Verhandlungen warten werde. Das Unternehmen betonte erneut, dass seine freien Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer freiwillig diese Beschäftigungsform wählen würden und damit ihre Arbeitsstunden und Arbeitszeiten selbst bestimmen könnten sowie sozialversichert seien.
Der Konzern kündigte auch für die freiberuflichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Erhöhung ab dem 1. August an. Ihr Honorar setzt sich weiterhin aus einer Grundvergütung für Abholung und Lieferung sowie einem Kilometergeld zusammen. Neu hinzu kommt ein Belohnungssystem für das Erreichen bestimmter, nicht näher erläuterter „Meilensteine“.
Zusätzlich könnten vorübergehend weitere Boni ausgezahlt werden, wodurch Zusteller ein durchschnittliches Honorar von etwa 13,96 Euro pro Stunde erreichen würden. Dies entspricht laut Foodora ebenfalls einer Erhöhung von 5,8 Prozent. Freie Dienstnehmer haben laut Angaben des Unternehmens die Wahl, ob sie auf das neue System umsteigen möchten.
Stockende Verhandlungen und Streiks
Die Verhandlungen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern in der Branche stocken seit Monaten, und es kam immer wieder zu Streiks. Viele Fahrradboten fallen nicht unter den Kollektivvertrag, da sie als freie Dienstnehmer oder Selbstständige arbeiten. In Österreich gibt es etwa 4.500 Radlieferanten, von denen zuletzt rund 2.000 nach Kollektivvertrag angestellt waren.
Lieferando beschäftigt seine Zusteller hauptsächlich nach Kollektivvertrag, während Foodora überwiegend freie Dienstnehmer hat oder hatte. Bei Wolt hingegen gibt es ausschließlich Selbstständige und freie Dienstnehmer. Die Rechtfertigung des Unternehmens für die ablehnung der Gewerkschaftsforderung ist eine alte Leier: Die Gewerkschaftsforderung könne sich „niemand leisten“. Lieber zahlt man dann wohl zwei Prozent weniger in der Hoffnung, die Gewerkschaft, die mit der 8,7‑prozentigen Forderungen beileibe keine Unsummen verlangt, sondern schon klein begonnen hat, zu bremsen.
Quelle: ORF