HomePanoramaLehrermangel, hohe Belastungen und Krankenstände nach Wiener Schulbeginn

Lehrermangel, hohe Belastungen und Krankenstände nach Wiener Schulbeginn

Wien. Das Schuljahr ist noch jung, doch bereits jetzt stehen Wiens Pflichtschulen vor großen Problemen. Lehrkräfte klagen über zunehmende Belastungen durch Krankenstände, fehlende Unterstützung und akuten Personalmangel. Am vergangenen Donnerstag tat die Lehrergewerkschaften mit einer Kundgebung vor der Wiener Bildungsdirektion ihren Unmut kund.

Thomas Krebs, Sprecher der Fraktion Christlicher Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter (FCG), sieht die Verantwortung für die aktuelle Situation vor allem bei der Politik. In einem Interview kritisierte er Wiens Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS), der zu Beginn des Schuljahres betont hatte, Wien sei „gut gerüstet“ und jede Klasse habe eine Lehrkraft. „Die Politik hat einfach geschlafen“, so Krebs. Die aktuelle Situation mit vermehrten Krankenständen und Kündigungen sei absehbar gewesen, doch „die Nachhaltigkeit war nicht gegeben“. Die Belastungen hätten viele Lehrkräfte an ihre Grenzen gebracht.

Die Wiener Bildungsdirektion weist die Kritik der Gewerkschaft zurück. Der Herbst sei jedes Jahr von grippalen Infekten und daraus resultierenden Ausfällen geprägt, doch die Schulen hätten Routine darin, solche Herausforderungen zu bewältigen. Kurzfristige Lösungen könnten schnell gefunden werden, indem Schulleitungen sowie Pädagoginnen und Pädagogen einspringen, heißt es aus der Direktion. Von einer Kündigungswelle, wie sie die Gewerkschaft beschreibt, könne keine Rede sein. Die Zahl der Vertragsauflösungen bewege sich „im üblichen Rahmen des Arbeitsmarktes“. Konkrete Zahlen dazu nannte die Bildungsdirektion jedoch nicht.

Um auf die schwierigen Arbeitsbedingungen hinzuweisen, lud die Gewerkschaft am Donnerstag zu einer Kundgebung vor der Wiener Bildungsdirektion ein. Unterstützt wurde die Veranstaltung von der Gewerkschaftsfraktion ÖLIUG und der Initiative Schule brennt. „Wir sehen, dass nicht nur die Wiener Bildungsdirektion Schuld an der Misere trägt, deshalb wollen wir die Proteste auch vor das Ministerium tragen“, sagt Michael Doblmaier von Schule brennt.

Kernforderung der Lehrergewerkschaft ist, dass „endlich Entlastungen in den Schulen spürbar werden“, betont Thomas Krebs.

Ab November startet in Wien ein Projekt mit multiprofessionellen Teams an 52 Pflichtschulstandorten, darunter in den Bezirken Favoriten und Margareten. Die Stadt Wien gab am Mittwoch bekannt, dass diese Teams aus klinischen Psychologen, Sozialpädagoginnen, Sozialarbeitern und Ergotherapeutinnen bestehen und Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte entlasten sollen. Das Angebot soll eine frühe Intervention bei Krisen ermöglichen und rund 15.000 Wiener Kindern den Zugang zu psychosozialen Diensten bieten.

Um auch jene Schulen zu unterstützen, die keine dauerhafte Unterstützung benötigen, werden zum Jahresende zwei mobile überregionale Teams eingeführt. Diese sollen eine flächendeckende Standardversorgung für alle Wiener Bezirke sicherstellen. Direktorinnen und Direktoren können über eine neue Hotline direkt Kontakt zu den Teams aufnehmen. Die Betreuung wird dabei in Schulverbünden organisiert: Drei bis vier Schulen mit besonders hohem Bedarf sollen sich ein Team teilen. An jeder Schule eines solchen Verbunds wird täglich eine Fachkraft vor Ort sein.

Ob die geplanten Maßnahmen ausreichen, um die aktuelle Krise zu bewältigen, bleibt jedenfalls abzuwarten. „Wir brauchen echte Entlastung und keine Versprechen“, so Thomas Krebs abschließend.

Quelle: Der Standard

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