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Biden als Präsidentschaftskandidat zurückgetreten – Widersprüche bleiben

Am Sonntag ist der demokratische Präsident Joe Biden als Kandidat für die Präsidentschaftswahlen in den USA zurückgetreten. Biden empfiehlt den Demokraten seine bisherige Vizepräsidentin Kamala Harris als Kandidatin bei der Wahl im November aufzustellen. Die Widersprüche innerhalb der herrschenden Klasse der USA bleiben weiter bestehen. Sie sind ein Ergebnis der Veränderungen im imperialistischen Weltsystem.

In den vergangenen Wochen wurde Kritik am 81-jährigen US-Präsidenten Joe Biden laut, dass er nicht der richtige Kandidat sei, um Donald Trump zu schlagen. Anlass war ein Aussetzer Bidens bei einer Fernsehdebatte gegen den unwesentlich jüngeren Ex-Präsidenten und Herausforderer Donald Trump. Bereits in der Vergangenheit wurden Vorwürfe laut, dass Biden senil sei, die Debatte mit Trump schien die Vorwürfe zu bestätigen. In den Wochen danach verlor Biden in den Umfragen an Boden und konnte bisher nichts zurückgewinnen.

Nach wochenlangem Hin und Her hat Biden nun seinen Rücktritt als Präsidentschaftskandidat bekanntgegeben. Er empfiehlt zugleich seine Vizepräsidentin Kamala Harris als neue Kandidatin. Unter den Liberalen und vermeintlich Aufgeklärten wird Bidens Rückzug und das Freimachen eines Weges für einen aussichtsreicheren Kandidaten für die US-Präsidentschaft gefeiert. Tatsache ist aber, dass die Darstellung Trump gegen Biden/Harris, Republikaner gegen Demokraten, ein Kampf zwischen liberaler Demokratie und Reaktion oder gar Faschismus sehr grob verzerrend und ablenkend ist. Dahinter verbirgt sich nicht anderes als eine Auseinandersetzung innerhalb des US-Kapitals darüber, wie am besten auf die sich verändernden innerimperialistischen Widersprüche reagiert werden sollte.

USA verlieren zunehmend an Boden

Die führende militärische Position der USA im imperialistischen Weltsystem schwindet. Diese wurde zu einer Zeit aufgebaut, als die USA auch eine der führenden Wirtschaftsmächte waren. Die USA trugen damals zum weltweiten BIP ganze 27 Prozent bei, während die Sowjetunion und China zusammen lediglich 14 Prozent erreichten. Heute hat sich die Situation deutlich verändert. 2020 erwirtschafteten die USA nur noch 16 Prozent des weltweiten BIP, der Anteil Russland und Chinas ist hingegen auf 24 Prozent gestiegen.

Diese Entwicklung hat auch Einfluss auf die militärischen Kapazitäten der USA. Man kann es sich nicht mehr leisten, den Indopazifik und Europa als ein geostrategisches Schlachtfeld zu sehen. Vor diesem Hintergrund sind auch Trumps Äußerungen, sich aus Europa zurückziehen zu wollen, zu sehen. Als Hauptfeind im Kampf um die Hegemonie wird das kapitalistische China angesehen. Um China einzudämmen, wollen sich Trump und sein Vize James David Vance ganz auf die Indopazifik-Region konzentrieren. Vance ist wie Trump ein Vertreter einer offensiven „Asien zuerst“-Politik.

Auch die Widersprüche mit und innerhalb der EU tragen zu einer Umorientierung in der Politik in Teilen des US-Kapitals bei. Einerseits hat die EU zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die Position des kapitalistischen Russlands in Europa zu schwächen. Andererseits sind Teile der EU keine verlässlichen Partner im Kampf gegen China. Viele EU-Staaten sehen China als Verhandlungspartner und Möglichkeit zu Stärkung der eigenen Position im imperialistischen Weltsystem. Macron beispielsweise tritt schon seit längerem für eine Partnerschaft der EU mit China ein bei einer gleichzeitig aggressiv antirussischen Außenpolitik.

Friedlicher würde die US-Außenpolitik mit Trump deshalb nicht. Auch die Demokraten geben zu, dass auch Trump für weitere Aufrüstung und höhere Rüstungsausgaben steht. Der Fokus würde lediglich in eine andere Region verschoben. 

Zahlreiche Widersprüche im Land

Nicht zuletzt repräsentieren der demokratische Präsidentschaftskandidat oder die ‑kandidatin und der republikanische Kandidat Donald Trump auch unterschiedliche Kapitalfraktionen. Die Demokraten repräsentieren vor allem jene Kapitalfraktionen der neuen Technologien und des sogenannten „Silycon Valley“. Trump hingegen die klassische Automobilindustrie. Auch die Unterstützung von Elon Musik für Trump ist wenig verwunderlich.

Nach der verlorenen TV-Debatte Bidens gegen Trump hatten sich die ersten Großspender Bidens gefragt, wie weiter mit Biden. Gesorgt hatten sie sich allerdings nicht um dessen Gesundheitszustand, sondern die Aussicht darauf, mit einem Präsidenten Trump, das von Präsident Biden verwaltete Subventionspaket in der Höhe von mehreren Milliarden Dollar für „grüne und ökologische“ Projekte zu verlieren.

Beide Kandidaten repräsentieren nicht die Interessen der US-amerikanischen Arbeiterklasse und Volksschichten. Die aufgeladene Stimmung und die zunehmenden auch gewaltsamen Auseinandersetzungen in den USA sind jedoch ein Ergebnis der sich zuspitzenden gesellschaftlichen Verhältnisse in Folge der Pandemie, der Krise und des permanenten Rassismus. Beide Seiten versuchen die Arbeiterklasse und die Volksschichten mit irreführenden Vorstellungen für ihre eigenen Interessen zu instrumentalisieren. Trump benutzt dafür offen reaktionäre Ansichten und verknüpft sie mit der Forderung nach einer Reindustrialisierung und der damit verbunden Hoffnung vieler nach neuen und mehr Arbeitsplätzen.

Die Demokraten umgekehrt inszenieren sich als die Verteidiger der liberalen Demokratie, als Vorkämpfer gegen Rassismus und Diskriminierung, als Verteidiger der Rechte von Frauen. In Wahrheit wird keine der beiden Seiten die Lage für die Menschen verbessern. Lediglich die Möglichkeit auf den maximalen Profit dieser oder jener Kapitalfraktion werden vertreten werden, alles andere sind die Krümel die vom Tisch der herrschenden herabfallen.

Quelle: ORF/902​.gr

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