Israel/Palästina. Wer heute einen Blick in die israelische Gesellschaft wirft, erblickt zunehmende Verarmung, besonders unter arabischen Bürgerinnen und Bürger, Migrantinnen und Migranten (vor allem aus ostafrikanischen Ländern) sowie unter gewissen Segmenten der jüdischen Bevölkerung (z.B. äthiopische Jüdinnen und Juden), sinkende Einkommen, Verelendung ganzer Landstriche durch die militärische Okkupation und blinde Gewaltorgien radikalzionistischer Siedlerinnen und Siedler (wie in der besetzten Stadt Hebron). Diese Aufzählung ließe sich fortführen, sie zeigt, dass die gewaltsame Unterdrückung und Ausbeutung des palästinensischen Volkes nur durch eine noch stärkere Ausbeutung der israelische Arbeiterklasse aufrechterhalten werden kann. Lenin brachte diesen Umstand vor mehr als 100 Jahren auf folgende Formel: „Nie kann ein Volk, das and’re Völker unterdrückt, frei sein“. Die neu angelobte israelische Regierung hat Pläne offenbart, wonach diese Unterdrückung sich verschlimmern wird.
Kein Frieden in Sicht
Nach einem Jahr, in dem sich die israelische Kapitalistenklasse immerhin drei Parlamentswahlen leistete, haben sich Netanjahu von Likud und sein Kontrahent, der ehemalige IDF-General Benny Gantz von der Blau und Weiß-Allianz, auf eine Koalition geeinigt. Diese Regierung steht und fällt mit den Annexionsplänen Netanjahus und der herrschenden Klasse Israels. Besonders wichtig ist die Unterstützung der USA: Vollkommen unabhängig davon, wie oft auch Israel durch UN-Resolutionen für seinen illegalen Siedlungsbau verurteilt wird, solange der US-Imperialismus sein OK in Form von kostenlosen Militärgeräten und Geldern, gibt, bleibt Israel unantastbar. Nicht zuletzt deswegen, weil das israelische Regime strategische Ziele im Nahen Osten mit dem US-Imperialismus teilt, agiert es gewissermaßen als eine Art „Satellit“ des US-Imperialismus und stillschweigend auch anderer reaktionärer Regime, wie Saudi-Arabien. Auch die EU, allen voran Deutschland und Frankreich, handeln abseits der moralistischen Töne immer als Komplizen der israelischen Aggression gegen das palästinensische Volk, wie 2014, als Israel mehr als 2000 Palästinenserinnen und Palästinenser in Gaza durch Bombardements tötete.
Annexionsträume nicht erst seit gestern
Was vor Jahren noch sogenannte rechte bis rechtsextreme politische Kräfte in Israel vertraten, wie HaBajit HaJehudi oder Netanjahus Likud-Partei, ist mittlerweile längst im Mainstream angekommen: Die Forderung, endlich dem kostspieligen Krieg im Westjordanland (auch Westbank genannt) ein Ende zu machen, indem man es annektiert. Annexion würde bedeuten, sich der israelische Staat einen Großteil jenes palästinensischen Staatsgebietes einverleiben würde, das diesem völkerrechtlich spätestens seit 1967 zusteht. Wie groß das annektierte Territorium sein wird oder welcher Status den Palästinenserinnen und Palästinenser auf diesem annektierten Gebiet zukommt, wurde noch nicht verraten. Man muss aber erwähnen, dass seit den Osloer Friedensverhandlungen die Westbank in drei Regionen gegliedert wurde; Area A, welche der Palästinensischen Autonomiebehörde untersteht, Area B, welche durch die Palästinensische Autonomiebehörde und das israelische Militär kontrolliert wird und Area C, die Weizenkammer des gesamten Gebiets, welche 60 % der Westbank ausmacht und vollständig durch das israelische Militär verwaltet wird. Sollte Area C vollständig annektiert werden, könnte Israel über Nacht durch seine völkerrechtswidrigen Eigentumsgesetze tausende palästinensische Bauernfamilien enteignen, die in Area A und B leben. Dieselben Gesetze wurden benutzt, um der gewaltsamen Enteignung und Vertreibung des palästinensischen Volkes zur Gründungszeit Israels einen juristischen Anstrich zu verleihen.
Welches konkrete Szenario man sich auch immer vorstellen mag, beweist die israelische Militär- und Zivilverwaltung in der Westbank, aber auch die Geschichte der israelischen Expansion, wie bewusst landwirtschaftlich nutzbare Gebiete und Wasserreservoirs enteignet werden. Eine Annexion würde auch bedeuten, dass alle illegalen Siedlungen völkerrechtlich eine höhere Legitimität besitzen würden und noch mehr Siedlungen gebaut werden könnten, indem palästinensische Bauernsiedlungen demoliert werden.
Die Kettenreaktion, die eine notwendigerweise gewaltsame Annexion und ökonomische Verelendung auslösen könnte, macht es notwendig, den Kampf dagegen zu organisieren. In den besten Traditionen des proletarischen Internationalismus und der kommunistischen Bewegung, muss die Einheit der jüdischen und arabischen Arbeiterklasse, der kleinen und landlosen Bauern, der Jugend und kleinen Unternehmer organisiert werden. Dieser Kampf gegen nationale Unterdrückung und Annexionen ist immer gerechtfertigt.