HomeInternationalesTürkischer Prediger verliert Klage gegen Journalisten: Ein Sieg für die Meinungsfreiheit

Türkischer Prediger verliert Klage gegen Journalisten: Ein Sieg für die Meinungsfreiheit

Ein Gerichtsurteil des türkischen Kassationshofs hat eine langwierige Auseinandersetzung um Meinungsfreiheit und journalistische Arbeit zugunsten des ehemaligen Chefredakteurs des linken Nachrichtenportals soL Haber, Ali Ufuk Arikan, entschieden.

Arikan war zuvor von einem regionalen Gericht zu einer Geldstrafe verurteilt worden, nachdem er 2018 einen kritischen Bericht über den umstrittenen Prediger Nurettin Yıldız veröffentlicht hatte. Yıldız war durch seine Aussagen, dass „6‑jährige Kinder verheiratet werden könnten“, in die öffentliche Kritik geraten. Diese Aussagen, die in einem Video auf dem offiziellen YouTube-Kanal seiner Organisation veröffentlicht worden waren, führten zu breiter Empörung und zahlreichen rechtlichen Beschwerden gegen Yıldız.

Die Berichterstattung von soL Haber, in der Yıldız als „Befürworter von Kindesmissbrauch“ und als jemand, der „Frauen- und Kinderrechte missachtet“ bezeichnet wurde, führte zu einer Klage wegen Beleidigung und Verleumdung. 2019 verurteilte das Gericht Arikan zu einer Geldstrafe – ein Urteil, das jetzt von der obersten Instanz aufgehoben wurde.

Urteil: Kritik ist kein Verbrechen

In seiner Begründung hob der Kassationshof hervor, dass die fragliche Berichterstattung keine strafbaren Inhalte aufwies. Die kritischen Formulierungen seien als journalistische Arbeit und legitime Meinungsäußerung zu verstehen. Das Urteil stellte klar: „Die Artikel waren weder rufschädigend noch verletzend, sondern fielen unter das Recht auf Meinungsfreiheit und gesellschaftlich relevante Kritik.“

Darüber hinaus betonte das Gericht, dass die Berichterstattung im öffentlichen Interesse erfolgte und sich auf Aussagen stützte, die Yıldız selbst getätigt hatte.

Ein langer Kampf für Gerechtigkeit

Ali Ufuk Arikan zeigte sich erleichtert, betonte jedoch die Absurdität des sieben Jahre andauernden Prozesses. Er erklärte gegenüber soL Haber: „Dass solche Berichte überhaupt strafrechtlich verfolgt wurden, ist an sich schon eine Farce. Der Kampf gegen Rückschrittlichkeit und religiösen Extremismus endet nicht bei der Berichterstattung – er muss in allen Bereichen der Gesellschaft geführt werden.“

Arikan bezeichnete den Sieg nicht nur als Triumph für sich selbst, sondern auch als symbolischen Erfolg gegen reaktionäre Kräfte in der türkischen Gesellschaft.

Kontext: Ein Prediger und seine umstrittenen Aussagen

Nurettin Yıldız, Vorsitzender der Sozialen Stiftung (Sosyal Doku Vakfı), sorgte mit frauen- und kinderfeindlichen Aussagen wiederholt für Aufsehen. Seine Behauptung, dass 6‑jährige Mädchen verheiratet werden könnten, wurde von breiten Teilen der türkischen Gesellschaft scharf verurteilt. Kritiker sehen in ihm eine Gallionsfigur für religiösen Konservatismus und die schleichende Untergrabung säkularer Werte in der Türkei.

Quelle: soL Haber

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