In den frühen Morgenstunden griffen US-amerikanische Marschflugkörper und Bomber völkerrechtswidrig an: Ziel waren mehrere iranische Atomanlagen, unter anderem bei Natanz, Fordo und Arak. Es ist ein massiver militärischer Schlag gegen ein souveränes Land – ausgeführt ohne vorherigen Angriff Irans auf die Vereinigten Staaten. Bereits zuvor hatte Israel in mehreren Operationen gegen mutmaßliche iranische Einrichtungen vorgegriffen. Mit der Beteiligung der USA eskaliert der Konflikt nun gefährlich. Die Begründung beider Länder, der Iran stände kurz davor Atomwaffen zu bauen, ist dabei nur ein fadenscheiniger Vorwand, den dafür gibt es keinerlei Beweis, wie selbst US-Geheimdienste feststellten.
Der Angriff kommt zu einem Zeitpunkt wachsender Spannungen im Nahen Osten. Die USA begründen ihr Vorgehen mit dem „Schutz regionaler Stabilität“ und dem Ziel, den Iran vom Besitz von Atomwaffen abzuhalten. Doch diese Argumentation hält einer völkerrechtlichen Prüfung nicht stand. Der Angriff erreicht das genaue Gegenteil. Es ist eine weitere Destabilisierung der Lage in der Region und darüber hinaus. Es ist der Versuch das Kräfte Verhältnis in der Region weiter zu Gunsten der USA, der NATO und der EU und ihrem Verbündeten Israel zu verändern. Es ist auch eine Botschaft an Russland und China, dass man auch vor dem Angriff auf Atomanlagen und enge Verbündete der beiden Länder zurückschreckt.
„Kein Spielraum für Rechtfertigung“
Der Völkerrechtsexperte Prof. Jochen von Bernstorff von der Universität Tübingen stuft die Militärschläge der USA eindeutig als völkerrechtswidrig ein. Gegenüber der Deutschen Nachrichtenagentur erklärt er: „Ich sehe da wenig Spielraum für eine völkerrechtliche Rechtfertigung.“ Weder liege ein Angriff auf die USA noch auf ein befreundetes Land wie Israel in einer Weise vor, die das Selbstverteidigungsrecht der UN-Charta greifen lasse.
Ein präventives Selbstverteidigungsrecht – etwa aufgrund hypothetischer zukünftiger Bedrohungen – wird im Völkerrecht nicht anerkannt. Der Besitz oder der mögliche Erwerb von Atomwaffen rechtfertigt demnach keinen militärischen Erstschlag. Abgesehen davon, dass es keinerlei Belege dafür gibt, dass Iran überhaupt Atomwaffen anstrebt. Aber selbst wenn das iranische Atomprogramm militärische Ambitionen verfolgen sollte, bliebe eine militärische Reaktion ohne Mandat des UN-Sicherheitsrates ein Bruch internationalen Rechts.
Iran und das Recht auf Selbstverteidigung
Sollte der Iran auf den Angriff militärisch reagieren, würde ihm laut von Bernstorff grundsätzlich ein Selbstverteidigungsrecht zustehen – jedoch unter strengen Bedingungen: Die Reaktion müsste unmittelbar erfolgen, sich gezielt gegen militärische Ziele richten und verhältnismäßig sein. Zivile Ziele dürfen dabei nicht ins Visier geraten.
„Das Völkerrecht macht beim Gewaltverbot keinen Unterschied zwischen einem Mullah-Regime und einer Demokratie“, betont der Jurist. Politische Bewertungen, etwa zur Natur des iranischen Regimes oder zu regionalen Machtkonstellationen, haben auf die Rechtslage keinen Einfluss.
Europas Heuchelei
Während das internationale Recht klare Regeln vorgibt, zeigt sich auf diplomatischer Bühne ein anderes Bild. In einer Mischung aus stiller Duldung, offener Unterstützung und halbherziger Distanzierung reagieren europäische Staaten und Institutionen auf den US-Angriff. Die Europäische Kommission, vertreten durch Ursula von der Leyen, betonte zwar die Notwendigkeit der Stabilität und forderte diplomatische Lösungen – doch zugleich wiederholte sie das amerikanische Narrativ: Der Iran dürfe keine Atomwaffen erhalten. Implizit wird damit die Rechtfertigung für das Vorgehen gestützt, obwohl gerade dieses Argument völkerrechtlich nicht greift.
Ähnlich verhält es sich in Berlin, London und Paris. Die britische Regierung bestätigte, vorab über die Angriffe informiert worden zu sein. Zwar sei keine direkte Beteiligung erfolgt, doch britische Truppen wurden in die Region verlegt und Militärbasen auf Zypern in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Premierminister Keir Starmer kündigte eine Notfallsitzung des Krisenstabs COBRA an, um über weitere Maßnahmen zu beraten.
In Deutschland lobten Vertreter der CDU/CSU – darunter der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Johann Wadephul – offen den Schlag gegen das iranische Atomprogramm. Kanzler Friedrich Merz forderte den Iran auf, „sofortige Verhandlungen mit Israel und den USA aufzunehmen“, während gleichzeitig eingeräumt wurde, dass die Bundesregierung erst nach Beginn der Angriffe offiziell informiert wurde.
Frankreich wiederum äußerte „Sorge“ über die Eskalation und betonte, man sei an Planung und Ausführung nicht beteiligt gewesen. Doch auch hier folgte das gewohnte Muster: scharfe Kritik an Irans Atompolitik, aber keine klare Verurteilung des Völkerrechtsbruchs durch Washington.
In eine ähnliche Kerbe, wenn auch nicht ganz so offen, schlagen österreichische Regierungsvertreterinnen und ‑vertreter. Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) wiederholt auf X das Mantra, der Iran dürfe keine Atomwaffen besitzen und sei zudem der Aggressor und Terrorunterstützer in der Region. Die israelischen und US-amerikanischen Angriffe werden mit keinem Wort erwähnt und somit indirekt unterstützt. Abschließend fordert sie natürlich alle Parteien dazu auf zur Diplomatie zurückzukehren kombiniert mit dem Vorwurf Iran würde eine Rückkehr zur Diplomatie gefährden. Bundespräsident Alexander van der Bellen verkündet ebenfalls auf X Meinl-Reisinger voll und ganz zu zustimmen.
Russland und China verurteilen klar
Im Gegensatz zu den NATO- und EU-Staaten fielen die Reaktionen aus Moskau und Peking deutlich schärfer aus. Das russische Außenministerium sprach von einem „eklatanten Verstoß gegen das internationale Recht“ und forderte das sofortige Ende der militärischen Aggression. Die chinesische Regierung erklärte, die Angriffe verletzten die Charta der Vereinten Nationen und verschärften die Lage in der gesamten Region.
Beide Länder riefen zu einer Rückkehr auf den diplomatischen Weg auf – und forderten insbesondere Israel auf, die Luftangriffe umgehend zu beenden.
Kommunistische Parteien rufen zum Widerstand auf
Auch international formierte sich politischer Widerstand. In einer gemeinsamen Erklärung verurteilten kommunistische und Arbeiterparteien weltweit die US-Angriffe als „imperialistische Aggression“. Sie sehen in der Eskalation eine Fortsetzung westlicher Interventionspolitik, die bereits Länder wie Afghanistan, Irak, Libyen und Syrien in Chaos gestürzt habe. „Diese imperialistische Aggression stürzt die Menschen in einer ganzen Region in einen Krieg und droht, die Menschheit als Ganzes zu vernichten“, halten die Parteien angesichts der Angriffe auf Atomanlagen fest.
Die Erklärung fordert das Ende aller Auslandseinsätze, die Schließung militärischer Stützpunkte und eine breite Mobilisierung gegen Krieg und Aufrüstung. Solidarität mit Iran, Palästina und anderen betroffenen Völkern müsse jetzt Priorität haben.
Ein gefährlicher Präzedenzfall
Der Angriff auf iranisches Staatsgebiet markiert nicht nur eine weitere Eskalationsstufe im ohnehin angespannten Nahen Osten – er stellt auch einen gefährlichen Präzedenzfall im internationalen System dar. Sollte die internationale Gemeinschaft diesen Völkerrechtsbruch durchgehen lassen, würde dies das Gewaltverbot der UN-Charta weiter erodieren.
Es ist ein Anzeichen für die sich vertiefende Krise des Kapitalismus und der daraus resultierenden verschärften Widersprüche im imperialistischen Weltsystem, um die (Neu-)Aufteilung der Welt unter den Monopolen. Frei nach Clausewitz greifen die kapitalistischen Staaten verstärkt zum Krieg als Mittel zur Durchsetzung ihrer Interessen, wenn es zur Durchsetzung der eigenen politischen und ökonomischen Interessen als notwendig erscheint. Die Lage in der Ukraine, im Nahen und Mittleren Osten und vielen anderen Ländern, wie dem Sudan, steigern die Gefahr eines allgemeinen großen Krieges immer weiter.
Quelle: AJ/AJ/Kronen Zeitung/902.gr/solidnet/X/X