Von außen betrachtet ist es ein nüchternes Dokument, das der Landesrechnungshof Vorarlberg nun vorgelegt hat. Doch der Prüfbericht zur Hypo Vorarlberg offenbart ein systemisches Versagen: ein öffentlich kontrolliertes Kreditinstitut, das über Jahre hinweg im großen Stil Geschäfte mit dem nun insolventen Signa-Imperium des Investors René Benko tätigte – ohne ausreichende Sicherheiten, ohne kritische Prüfung, ohne politische Kontrolle.
Bank mit Landeslogo, Politik ohne Verantwortung
Zu 76,87 Prozent gehört die Hypo Vorarlberg dem Land – doch wie der Landesrechnungshof feststellt, ist nicht einmal klar, welche Interessen das Land als Haupteigentümer eigentlich verfolgt. Statt als öffentliches Instrument zur Förderung regionaler Entwicklung und demokratischer Kontrolle aufzutreten, agierte die Bank wie ein x‑beliebiges Privatinstitut: Renditeorientiert, risikobehaftet, blind gegenüber der eigenen Rolle.
Der Bericht zeigt, wie Kredite an Benko-nahe Stiftungen vergeben wurden, ohne sich „hinreichend dagegen abzusichern“, wie Bauprojekte überbewertet wurden, wie interne Warnungen ignoriert und Informationen „ungefiltert übernommen“ wurden – kurz: wie sich öffentliches Eigentum in den Dienst privater Spekulationen und Profite stellte.
Ein Aufsichtsrat beurteilt sich selbst
Der Vorstand verteidigt sich: Die Geschäfte mit der Signa-Gruppe seien „ertragreich“ gewesen, die Risiken marktüblich, das Umfeld stabil. Doch was hier als professionelle Kalkulation dargestellt wird, ist nichts anderes als systemimmanente Spekulation. Das Kreditgeschäft, so betont man, sei eben ein Risikogeschäft – doch wer trägt dieses Risiko? Die Hypo gehört dem Land, das heißt: dem öffentlichen Haushalt, der Bevölkerung. Gewinne wurden privatisiert, Verluste sozialisiert – ein klassisches Beispiel kapitalistischer Doppelmoral.
Besonders zynisch ist der Umgang mit Verantwortung: Als nach der Signa-Pleite ein Gutachten prüfen sollte, ob der Aufsichtsrat seiner Sorgfaltspflicht nachgekommen ist, beurteilte ausgerechnet dessen Vorsitzender Jodok Simma die Ergebnisse – und entlastete sich kurzerhand selbst. Es ist eine Farce, die zeigt, wie wenig Kontrolle in einem System zählt, das auf Profitmaximierung ausgerichtet ist, selbst wenn es formal dem Gemeinwesen gehört.
Systemfehler, keine Einzelfälle
Der Fall Hypo-Signa ist kein Betriebsunfall, sondern Ausdruck eines strukturellen Problems: Öffentlich-rechtliche Institutionen agieren wie privatwirtschaftliche Konzerne. Sie unterwerfen sich den „Gesetzen des Marktes“, investieren in Immobilienblasen, spekulieren mit Kapital – und werden dabei zu Komplizen eines Systems, das auf Ausbeutung, Verschleierung und Klassenprivilegien basiert.
Die politische Dimension ist unübersehbar: Wenn die Landesregierung nun prüft, ob man die Bank behalten oder doch verkaufen sollte, geht es nicht um technische Fragen der Effizienz, sondern um eine Grundsatzentscheidung. Entweder der öffentliche Sektor wird wieder auf seine eigentliche Aufgabe zurückgeführt – nämlich im Interesse der Allgemeinheit zu handeln – oder er wird weiter zur Renditemaschine für eine kleine, vernetzte Elite.
Quelle: ORF